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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Neuverschuldung Der bequeme Weg HANNES KOCH, BERLIN

Bielefeld (ots)

Mehr Schulden trotz Schuldenbremse - das ist die Botschaft von Finanzminister Wolfgang Schäuble. Eine merkwürdige Nachricht: Einerseits soll Europa sparen, weil Staaten überschuldet sind. Selbst Deutschland steht mit mehr als 2.000 Milliarden Euro in der Kreide. Andererseits plant Schäuble für 2012 mit doppelt so hohen Schulden wie 2011. Auf der Hitliste der sinnlosesten Politikerbegriffe könnte die sogenannte Schuldenbremse bald ganz oben stehen. Der Minister geht den bequemen Weg. Angesichts der augenblicklichen ökonomischen Stärke Deutschlands hofft er auf weiteres Wirtschaftswachstum bis 2016. Schäubles Kalkül: Wenn das Bruttoinlandsprodukt beispielsweise um 1,5 Prozent jährlich steigt, kann er sich eine gewisse Neuverschuldung leisten. Im Verhältnis zum BIP würde die Kreditsumme trotzdem relativ zurückgehen und die Schuldenbremse eingehalten - obwohl tatsächlich weitere Schuldenmilliarden hinzukommen. Grundsätzlich kann dieser Mechanismus funktionieren. Aber der Finanzminister macht es sich doch ziemlich einfach. Ohne allzu große Probleme könnte Schäuble rund zehn Milliarden Euro aus dem Haushalt 2013 herausschneiden, beispielsweise durch zusätzliche Sparmaßnahmen bei Subventionen oder den Verzicht auf die Senkung der Einkommenssteuer. Der Anstrengung setzt sich Schäuble aber nicht aus. Er legt einen Wohlfühletat vor und hofft, seine Ziele quasi automatisch zu erreichen. Vielleicht klappt das, vielleicht aber auch nicht. Nach der gegenwärtig soliden Phase folgt die nächste Rezession. Dann rufen alle nach antizyklischer Politik - höherer Neuverschuldung, um der Schrumpfung entgegenzuwirken. Gut wäre es, wenn diese Investitionen nicht aus neuen Krediten, sondern zumindest teilweise aus Überschüssen der aktuellen Boomphase finanziert werden könnten.

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