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Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Sarrazin für Euro-Ausstieg Die Wahrheit ist gefragt WOLFGANG MULKE, BERLIN

Bielefeld (ots)

Thilo Sarrazin hat es mal wieder geschafft. Mit einem provokanten Titel und einer minutiös ablaufenden Medienkampagne bringt es der frühere Berliner Finanzsenator mit seinem Rundumschlag gegen den Euro wohl schnell in die Bestsellerliste. Mit der These, dass Europa den Euro nicht braucht und Deutschland schon gar nicht, trifft Sarrazin die Gemütslage vieler Bürger. Sie fühlen sich von der Politik alleingelassen und mit ihren Befürchtungen nicht ernst genommen. Da ist plötzlich jemand, der ausspricht, was viele denken. Anders als bei seinen höchst zweifelhaften Thesen zur Integration von Zuwanderern bleibt der studierte Ökonom diesmal inhaltlich sachlich. Nicht einmal die Forderung nach einem Austritt Deutschlands aus der Eurozone ist eindeutig formuliert. Interessanter ist die Frage, warum jemand wie Sarrazin so viel Aufmerksamkeit und Zustimmung erfährt. Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe. Zum einen spielen Autor und Verlag mit den Medien, die gezielt bedient werden und Interviews oder Textauszüge begeistert verarbeiten. Aus Sicht des Autors, der mit seinem Buch möglichst viel Geld verdienen will, ist das legitim. Politisch ist diese Art von Kampagne fragwürdig. Denn hier wird das Projekt Euro mitten in einer schweren Krise in Frage gestellt, ohne eine Alternative zu benennen. Das hilft niemandem weiter. Der zweite Grund wiegt schwerer. Politiker haben es bislang nicht vermocht, die enorm komplizierten Mechanismen rund um die Währungspolitik gut genug zu erklären. Statt klarer Worte zu den Risiken und Chancen gibt es oft nur Phrasen. Jedermann weiß, dass die Euro-Rettung teuer wird. Doch niemand sagt, was es kosten kann. Diese Lücke bedienen Populisten wie Sarrazin, weil es ihnen leicht gemacht wird. Wer sie loswerden will, muss selbst unbequeme Wahrheiten benennen.

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