Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar FDP-Sonderparteitag Eine Zukunft für die Liberalen ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN
Bielefeld (ots)
Man kann Christian Lindner nur bewundern, dass er freiwillig die Herkulesaufgabe auf sich nimmt, die FDP neu aufzustellen. Denn in dieser Partei, die bei der Bundestagswahl am 22. September in die außerparlamentarische Bedeutungslosigkeit geschickt wurde, gibt es wahrlich viel zu tun. Man weiß gar nicht, was man den Liberalen vorrangig zu ihrem Sonderparteitag wünschen möchte. Vielleicht dass der Begriff "Steuersenkung" an den zwei Tagen nicht ein einziges Mal fallen möge. Dass sich die FDP mit seltener Sturheit jahrelang auf dieses eine Thema konzentriert hat, war einer der Gründe für ihren Absturz. Von Lindner weiß man, dass er auch auf andere Themen Wert legt wie Verteidigung der Privatheit oder Bildung als Bürgerrecht. Ohne inhaltliche Weiterung und neue intellektuelle Impulse wird die FDP im Wettbewerb der Parteien keine Zukunft haben. Und sie wird auch dann keine Zukunft haben, wenn sie sich weiterhin als geschlossenen Männerbund inszeniert. In einigen Bundesländern hat die FDP bei der Aufstellung von Kandidatenlisten zur Wahl auf weibliche Bewerber gänzlich verzichtet. Das ist ihr nicht gut bekommen. Dass jetzt Frauen sowohl als Generalsekretärin als auch als Vizechefin in die engere Führung gewählt werden sollen, zeigt, dass der designierte Chef auch aus diesen Fehlern lernen will. Wäre es für die Liberalen ein Erfolgskonzept, wenn sie der populistischen AfD hinterherliefen und einen euroskeptischen Kurs einschlügen? Vermutlich nicht. Die Basis der FDP sind immer noch Mittelständler, und der deutsche Mittelstand weiß sehr genau, was er am Euro und an einer intakten Eurozone hat. Der Neue an der Spitze will auf schrille Töne verzichten und der FDP eine sympathische Anmutung verleihen. Scheitern kann er an den Rechthabern und Realitätsverweigern in den eigenen Reihen. Doch man wünscht ihm Erfolg.
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