Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Verteidigungsministerin auf Erneuerungskurs Sturm und Drang Alexandra Jacobson, Berlin
Bielefeld (ots)
Ursula von der Leyen macht es möglich. Durfte man zuletzt den Eindruck gewinnen, dass die Große Koalition vor allem aus SPD-Ministern besteht, bringt sich die CDU-Frau mit einem Paukenschlag in Erinnerung. Die Niedersächsin mit dem Drang zu Höheren scheint sich nichts geringeres vorgenommen zu haben, als im Verteidigungsministerium keinen Stein auf dem anderen zu lassen. Zwei Monate sind seit ihrer Vereidigung vergangen. Doch von der Leyens Ankündigungen füllen bereits Zeitungsseiten. Familienfreundlicher will sie die Bundeswehr machen und Härten der jüngsten Reform beseitigen. Deutschland soll in der Welt mehr Verantwortung tragen und jetzt auch noch das: Von der Leyen wagt sich an den Augiasstall der Rüstungsbeschaffung heran, über den schon so viele andere Verteidigungsminister gestürzt sind. Beinahe wäre auch ihr Vorgänger Thomas de Maizière deshalb zu Boden gegangen. Keine Frage, Ursula von der Leyens Pläne machen Sinn. Externen Sachverstand ins Ministerium zu holen, um das ewige Schönreden zu beenden bei Rüstungsprojekten, die dann doch zehn Jahre zu spät fertig werden und ein Heidengeld kosten, das hört sich gut an. Dass ihre Runderneuerung beim Personal nicht halt macht, liegt auf der Hand. Für die Frau, die sich angeblich ein heimliches Duell mit Thomas de Maizière über die Merkel -Nachfolge liefert, haben Sturm und Drang einen wohl beabsichtigten Nebeneffekt: Schaut her, was mein Vorgänger alles nicht in Griff bekommen hat, lautet die verdeckte Botschaft. Doch es ist keineswegs gesagt, dass ihr das gelingt woran sich alle andern Verteidigungsminister die Zähne ausgebissen haben. Zur ganzen Wahrheit gehört dazu, dass von der Leyen groß in der Produktion imagefördernder Schlagzeilen ist. Doch mit der Umsetzung hapert es mitunter. Nur im Familienministerium setzte sie kühne Vorhaben tatsächlich in die Praxis um. Im Arbeitsministerium blieb manches Projekt im Ankündigungsmodus stecken oder endete im bürokratischen Kleinklein. Ob es ihr tatsächlich gelingt, das Verteidigungsministerium neu zu erfinden, ist deshalb eine der spannendsten Fragen, die die Berliner Bühne zu bieten hat.
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