Neue Westfälische (Bielefeld): Studie zur Armut Alleinerziehender Der Staat ist gefragt CARSTEN HEIL
Bielefeld (ots)
Dazu bedurfte es eigentlich keiner Studie mehr. Neben Arbeitslosigkeit ist das Scheitern einer Ehe, aus der Kinder hervorgegangen sind, das größte Armutsrisiko in Deutschland. Die Folgen tragen die Kinder, deren Entwicklungsmöglichkeiten durch man-gelnde finanzielle Möglichkeiten deutlich eingeschränkt werden. Seit Jahren weisen Institute, Untersuchungen und Praktiker darauf hin. Der Staat müsste handeln. Doch nichts geschieht, weil nicht sein kann, was im konservativen Weltbild nicht sein darf. Es ist gut und richtig, dass Ehe und Familie in Deutschland besonders geschützt und gefördert werden. Das Fundament dafür ist schon im Grundgesetz gelegt. Diese Unterstützung erfährt die Familie unter anderem durch das Ehegattensplitting. Verheiratete Paare werden steuerlich begünstigt. Ein lobenswertes Ziel. Allerdings sieht die gesellschaftliche Realität in Deutschland inzwischen anders aus. Wenn laut Statistischem Bundesamt mehr als jede dritte Ehe geschieden wird, muss das Folgen für die Politik haben. Denn wenn die Ehe auseinanderbricht, sieht es nicht nur, aber wesentlich wegen der Steuergesetzgebung finanziell sofort schlechter aus. Da muss noch gar nicht der Rosenkrieg als Begründung herhalten, schon das Trennungsjahr kostet die Beteiligten Hunderte, wenn nicht Tausende an Euro, weil der Staat plötzlich hinlangt. Wer alleinerziehend lebt oder getrennt, zahlt sofort mehr Steuern. Dann bleibt selbst bei gutem Willen aller Beteiligten für die Kinder weniger übrig. Das ist noch kein Argument gegen das Ehegattensplitting. Aber es ist nicht einzusehen, warum Alleinerziehende steuerlich so viel schlechter gestellt werden als Verheiratete selbst ohne Kinder. Die gesellschaftspolitische Leistung der Erziehung eines Kindes muss dem Staat mehr wert sein als gegenwärtig, unabhängig davon, in welcher Lebensgemeinschaft dieses Kind lebt. Schließlich profitiert die Gesellschaft später mehr von Kindern, die in geordneten finanziellen Verhältnissen aufgewachsen sind. Denn das zeigen andere Studien: Bildung und Ausbildung, eigener Erfolg im Leben hängen in Deutschland am finanziellen Hintergrund der Kinder und Jugendlichen. Da schließt sich der Kreis.
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