Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Wahl von Reinhard Marx Kritiker des Kapitals BERNHARD HÄNEL
Bielefeld (ots)
Die deutschen katholischen Bischöfe setzen auf Marx' Kapital. Der Münchner Erzbischof mit tiefen westfälischen Wurzeln kann tatsächlich mit Pfunden wuchern, die Anlass zu der Hoffnung geben, dass der frische Wind aus Rom auch durch die deutschen Bistümer weht. Nicht wenige glauben, der "Geseker Jung" sei die deutsche Antwort auf den argentinischen Papst. Doch immer langsam mit den neuen Pferden. Franziskus spricht zwar eine verständlichere, den Menschen zugewandtere Sprache, doch er ist weder ein Liberaler noch gar ein Befreiungstheologe. Und Reinhard Marx hat zwar auch ein Buch mit dem Titel "Kapital" geschrieben, ist aber kein Marxist. Gleichwohl spricht auch der neue Chefdiplomat der deutschen katholischen Bischöfe eine klare Sprache, die geprägt ist von der Sozialethik seiner Kirche. Wirtschaft und Gesellschaft sollten nicht nur effizient, sondern auch gerecht sein. Steuergerechtigkeit und -ehrlichkeit hat er schon lange vor dem Fall Hoeneß angemahnt. Friedhelm Hengsbach, Jesuit wie Franziskus und Sozialethiker wie Marx, hat sich seine eigenen Gedanken gemacht über die neue Kapitalismuskritik der Kirche. Über Marx sagte er: "Nach außen sozial engagiert, nach innen reaktionär bis aufs Skelett." Harsche Kritik, die allerdings ihre Berechtigung hat. Erinnert sei an die Suspendierung des Priesters Gotthold Hasenhüttl und den anschließenden Entzug der Lehrerlaubnis des Professors, weil dieser am Rande des ersten Ökumenischen Kirchentags an Christi Himmelfahrt die heilige Kommunion gemeinsam mit Protestanten begangen hatte. Die Ökumene mag für Marx wie für alle katholischen Amtsträger verbal eine Herzensangelegenheit sein, doch die geringsten Ansätze zu ihrer praktischen Belebung werden im Keime erstickt. In einer Weltkirche mag zwar nicht jeder sein eigenes Ding machen können, aber solange Rom sich nicht meldet, muss man nicht scharf schießen. Umso gespannter darf man auf Marx' künftiges Auftreten sein.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de
Original-Content von: Neue Westfälische (Bielefeld), übermittelt durch news aktuell