Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Abbau der kalten Progression Entlastung ist überfällig Alexandra Jacobson, Berlin
Bielefeld (ots)
Mit dem Abbau der kalten Progression verfährt die Politik ständig nach demselben Motto: Gut dass wir darüber geredet haben. Mittlerweile ist sogar die SPD oder zumindest deren Vorsitzender Sigmar Gabriel der Ansicht, dass die heimlichen Steuererhöhungen ungerecht sind und man dagegen etwas unternehmen soll. Doch es sieht nicht danach aus, dass aus diesen Erkenntnissen praktische Politik erwächst. Dass sich der Staat dank der Inflation ein viel zu großes Tortenstück vom Lohnplus vieler Beschäftigter einverleibt spült jedes Jahr rund drei Milliarden Euro zusätzlich in die Staatskasse. Klar dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble darauf nicht verzichten will. Besonders wo er den ausgeglichenen Haushalt für 2015 im Auge hat. Zwar hat die CDU mit der Forderung nach dem Abbau der kalten Progression 2013 Wahlkampf gemacht, aber der CDU-Generalsekretär findet diese Forderung plötzlich nicht mehr so wichtig. Immer wenn es konkret wird, mauert die Politik. Doch dass die Große Koalition jeden Euro für Wahlgeschenke, zum Beispiel für ein unglaublich teures Rentenpaket verplant hat, ist nicht die Schuld der Bürger. Die heimlichen Steuererhöhungen treffen vor allem untere und mittlere Lohngruppen. Dass heute der Spitzensteuersatz schon bei einem Verdienst von 52.883 Euro greift, ist auch der kalten Progression geschuldet. Es ist keine kluge Politik, gerade die arbeitende Mittelschicht immer wieder verstärkt zur Kasse zu bitten. Sie hat durch höhere Sozialabgaben maßgeblich zur Finanzierung der Einheit beigetragen. Auch in der Eurokrise muss die Mittelschicht wieder überproportional bezahlen: Es sind ihre Spargroschen, die kaum noch Zinsen abwerfen. Demnächst sollen auch die Erträge der Lebensversicherungen empfindlich schrumpfen. Und die Sozialversicherungsbeiträge steigen munter weiter. Die Mittelschicht darf sich nicht als Melkkuh der Nation fühlen. Ihre Entlastung ist überfällig. Wann wäre der Zeitpunkt besser als jetzt, wo die Steuereinnahmen sprudeln? Klar, dass die Politik alles andere wichtiger findet. Doch es ist an der Zeit, den Bürgern etwas zurückzugeben.
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