Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Große Koalition entdeckt die Wirtschaftspolitik Zurück zu Brot- und Butter-Themen Alexandra Jacobson, Berlin
Bielefeld (ots)
CDU/CSU und SPD wollen den Übergang vom Beruf in die Rente flexibler gestalten. Gleichzeitig wollen sie aber darauf achten, dass die Kosten, die dadurch entstehen, zu keinen neuen Belastungen führen. Das ist eine interessante Änderung der Tonlage. Denn bisher durfte man den Eindruck gewinnen, dass bei den Rentenreformen Geld keine Rolle spielt. Besonders für die Mütterrente, aber auch für die abschlagsfreie Rente mit 63 hat die Große Koalition richtig viel Geld ausgegeben. Als sei die gute Konjunktur ein ewig währender Zustand. Schwarz-Rot hat sich selber gerne als Wohlfühlkoalition in Szene gesetzt. Mittlerweile ändert sich das Bild. Die Wachstumsaussichten werden nach unten korrigiert. Es zeichnet sich ab, dass Deutschland doch keine Insel der Seligen ist, sondern wirtschaftlich von der globalen Großwetterlage abhängt: Die Dauerschwäche anderer europäischer Volkswirtschaften wie etwa Frankreich und Italien sowie die Ukrainekrise trüben die Auftragslage ein. Vermutlich wird die Große Koalition in der nächsten Zeit einen neuen Fokus auf eine aktive Wirtschaftspolitik legen müssen. Noch nicht alle Minister haben diesen Schwenk von der Wohlfühlfront zu den Brot- und Butterthemen vollzogen. Arbeitsministerin Andrea Nahles bastelt etwa weiter unverdrossen an einer Antistress-Verordnung, obwohl die Koalitionspartner zu Recht nur noch wenig Neigung für ein solches Vorhaben zeigen. Es stellt sich jetzt die Frage, was die Regierungsparteien unter einer aktiven Wirtschaftspolitik verstehen. Die Abwesenheit von Steuererhöhungen allein, das Mantra von CDU und CSU, ist eine zu dürftige Antwort. Wie sieht es denn konkret aus mit der Mobilisierung von privatem Kapital für die Infrastruktur? Und sollte es nicht auch verstärkt Risikokapital für Unternehmensgründungen geben? Was ist mit dem Bürokratieabbau und der betrieblichen Forschungsförderung? Auf diese Antworten darf man gespannt sein.
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