Neue Westfälische (Bielefeld): Asylpolitik Ein Symbol der Flüchtlingskrise Katharina Georgi
Bielefeld (ots)
Das Bild des toten Flüchtlingsjungen ist schlimm, bewegend, erschütternd - und gerade deshalb muss es gedruckt werden. Auch in unserer Zeitung. Das Foto zeigt eine Wahrheit, die nicht einfach weggewischt werden kann. Auch dann nicht, wenn der Leser die Zeitung am Frühstückstisch beiseite legt. Der kleine Aylan, drei Jahre alt, bleibt im Gedächtnis. Bis dato sind viele Bilder von Flüchtlingen gedruckt worden; viele zeigten Not und Elend. Ist da dieses Bild noch nötig? Ja, das ist es. Denn es lässt keinen Spielraum für Spekulationen oder Interpretationen. Das Foto von Flüchtlingen, die über Zäune und Mauern klettern kann sowohl mit "Politik kann Flüchtlingswelle ins Land nicht stoppen" als auch mit "Was tun wir diesen Menschen an" überschrieben werden. Beides lenkt die Berichterstattung in eine Richtung. Der Flüchtlingsjunge ist so eindeutig, dass eine Zweideutigkeit nicht dagegen aufbegehren kann. Die Redaktion diskutierte lange über die Veröffentlichung des Fotos. Dürfen wir ein totes Kind zeigen? Denn Fotos von Toten zeigt diese Zeitung in der Regel nicht. Auch dann nicht, wenn andere Medien sie abbilden. Aber dieses Bild, so glaubt die Redaktion, ist ein zeitgeschichtliches Zeugnis, das zum Symbolfoto der Flüchtlingskrise wird. Es ist das verbildlichte Armutszeugnis einer missglückten Flüchtlingspolitik des politischen Bündnisses EU, das immerhin den Friedensnobelpreis bekommen hat. Häufig sollte sich schon etwas ändern. Flüchtlingsgipfel und Diskussionen wurden anberaumt. Getan hat sich seitdem wenig. Noch immer spült das Meer fast täglich Tote an unsere Urlaubsstrände. Noch immer richten sich die Anstrengungen mehr auf Abwehr der Flüchtlinge als auf Aufnahme und Hilfe. Fotos sind wirkungsmächtig. Der kleine Aylan berührt die Redaktion dieser Zeitung. Er wird hoffentlich unsere Leser berühren - und die Entscheidungsträger auf deutscher und europäischer Ebene.
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