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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Wort des Jahres Erbärmlicher Rückschritt Jörg Rinne

Bielefeld (ots)

Sperrig ist es, das Wort des Jahres. Eher ein Unwort: "postfaktisch". Ein Kunstbegriff, der sich an das englische "Post Truth" anlehnt - übersetzt in etwa "Jenseits der Wahrheit". Gemeint ist, dass die Fakten und Tatsachen in öffentlichen Diskussionen zunehmend unwichtiger werden. An die Stelle der tatsächlichen Wahrheit treten Emotionen und das Aussprechen "gefühlter Wahrheiten". Laut Mitteilung der Gesellschaft für deutsche Sprache sind immer größere Bevölkerungsschichten in ihrem Widerwillen gegen "die da oben" bereit, Tatsachen zu ignorieren und sogar offensichtliche Lügen zu akzeptieren. Wie bitte? Wir machen uns die Welt - widdewidde - wie sie uns gefällt? Was der kleine Freigeist Pippi Langstrumpf spielerisch in die Literaturwelt gesungen hat, soll das Ergebnis unserer ach so hochgelobten Informationswelt im 21. Jahrhundert sein? Ein erbärmlicher Rückschritt. Selbstverliebtheit und Arroganz sprechen aus dieser Haltung. Soziale Netzwerke verkommen zu Echokammern - das wäre übrigens auch ein schönes Wort des Jahres gewesen. Wie wenig Aufwand wollen wir eigentlich noch betreiben, uns mit den Problemen und Herausforderungen dieser Zeitenwende zu befassen? Die Wahrheit spricht oft eine schmerzhafte Sprache - gerade auch über die klassischen Medien. Und doch müssen wir sie für eine bessere Welt ertragen. Übrigens: Auch in Österreich wurde das Wort des Jahres gewählt. 51 Buchstaben ergeben "Bundespräsidentenstichwahlwiederholungsverschiebung". Das ist Fakt!

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