Neue Westfälische (Bielefeld): Merkels Außenpolitik In der Zwickmühle Sigrun Müller-Gerbes
Bielefeld (ots)
Die Kanzlerin macht als Regierungschefin auf internationalem Parkett alles richtig. Und als Wahlkämpferin zugleich alles falsch. Als Regierungschefin zeigt Angela Merkel gute Miene zu dem bösen Spiel, das Donald Trump und Recep Tayyip Erdogan der Welt derzeit auf öffentlicher Bühne bieten. Der US-Präsident tritt, kaum dass die Kanzlerin wieder abgereist ist, per Twitter nach und poltert, Deutschland schulde ihm und der NATO "riesige Summen". Der türkische Staatschef, der sich fast täglich mit neuen unglaublichen Tiraden selbst übertrifft, wirft ihr persönlich "Nazi-Methoden" und Terrorunterstützung vor. Und Merkel? Schweigt. Die Kanzlerin verweigert sich dem Impuls, laut und deutlich "Basta" zu rufen, ähnlich polternd zurückzuschießen. Selbst, wer ihr sonst politisch nicht nahesteht, kann dieser stoischen Haltung Respekt entgegenbringen. Denn sie zeugt von dem Bemühen, die diplomatischen Krisen nicht gefährlich weiter zuzuspitzen. Gleichzeitig nimmt ihr das aber die Chance, den emotionalen Wahlkampf zu betreiben, den sich viele Anhänger wünschen. Eine emotionale Reaktion auf Trump, das hieße, sich dessen Vorhaltungen und Halbwahrheiten öffentlich zu verbitten. Eine Strategie, die vielen in Deutschland wohl aus der Seele spräche. Eine emotionale Reaktion auf die Anwürfe aus Ankara, das hieße, Erdogan und sein Gefolge zu unerwünschten Personen zu erklären. Eine Strategie, mit der der Niederländer Rutte eine Wahl gewonnen hat. Merkel verzichtet auf beides. Das ist verdienstvoll. Könnte sie jedoch das Amt kosten.
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