Neue Westfälische (Bielefeld): Parteiengezänk im Fall Amri Worum es wirklich geht Lothar Schmalen, Düsseldorf
Bielefeld (ots)
Das Gezerre um NRW-Innenminister Ralf Jäger im Fall Amri ist in die nächste Runde gegangen. Der von der Landesregierung beauftragte Sonderermittler kommt - und das ist nicht überraschend - zu dem Ergebnis, dass den NRW-Behörden keine relevanten Fehler vorzuwerfen sind. Das wiederum gefällt der Opposition natürlich gar nicht. "Das Gutachten hat doch nur ein Ziel, nämlich Ministerpräsidentin Kraft und Innenminister Jäger aus der Schusslinie zu nehmen", tönt es von der CDU. "Der Sonderermittler hat der Landesregierung einen Gefallen getan", meint die FDP. Dass der Gutachter nur im Auftrag der Regierung und nicht mehr im Auftrag von Regierung und Opposition prüfte, daran allerdings ist die Opposition selbst schuld, hat sie es doch abgelehnt, gemeinsam einen Gutachter auszuwählen und damit auch mehr Neutralität herzustellen. Die Opposition wollte stattdessen unbedingt einen Untersuchungsausschuss, der nun wegen der Kürze der Zeit bis zur Landtagswahl die Untersuchungen gar nicht mehr zu Ende bringen kann. Hand aufs Herz: Ob nun der Düsseldorfer SPD-Innenminister, der CDU-Bundesinnenminister in Berlin oder der Generalbundesanwalt in Karlsruhe Schuld an den Versäumnissen im Fall des tunesischen Attentäters haben, ist doch gar nicht die zentrale Frage nach dem schlimmen Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt vom 19. Dezember des vergangenen Jahres. Worum es tatsächlich im Fall Amri geht, ist die Tatsache, dass ein Mann einen schlimmen Mordanschlag mit vielen Toten begehen konnte, obwohl er seit Monaten im Fokus der Sicherheitsbehörden stand und längst als Gefährder identifiziert war. Das ist es, was niemand verstehen kann. Schon gar nicht die Angehörigen der Opfer. Ans Tageslicht gebracht hat das Desaster um den Islamisten Anis Amri, dass das Behördengestrüpp der 16 Bundesländer ein echtes Sicherheitsrisiko in Deutschland darstellt. Wenn für ein und denselben Gefährder, der mal in Baden Württemberg, mal in Nordrhein-Westfalen straffällig wird, in eine Messerstecherei im Berliner Drogenmilieu verwickelt ist, zig Behörden zuständig sind, dann blickt offenbar am Ende keiner mehr durch. In der Sicherheitsfrage und im Kampf gegen den Terrorismus gehört der Föderalismus mit seinem Kompetenzen-Wirrwarr längst auf den strengen Prüfstand.
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