Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Bahn gibt Wochenend-Ticket auf Mangelnde Preis-Transparenz Wolfgang Mulke, Berlin
Bielefeld (ots)
Eines der größten Ärgernisse für Verbraucher ist die mangelnde Transparenz bei Preisen. Inzwischen verschleiern Unternehmen in vielen Branchen die tatsächlichen Kosten, in dem sie ihr Leistungsangebot so weit ausdifferenzieren, das sie nicht mehr vergleichbar sind. Für ihr unübersichtliches Tarifsystem steht auch die Deutsche Bahn seit Jahrzehnten in der Kritik. Selbst hoch qualifizierte Akademiker scheiterten mitunter bei dem Versuch, am Automaten den günstigsten Fahrschein zu ziehen. Am Vertriebsweg hat sich mittlerweile durch die Online-Buchung viel verändert. An der Komplexität des Systems hält die Bahn hingegen fest. Wenn es an der einen oder anderen Stelle reformiert wird, dann in der Regel zu Ungunsten der Kunden. So verhält es sich auch bei der nun beschlossenen Abschaffung des beliebten Schönes-Wochenende-Tickets. Zwar stimmt das Argument der Bahn, dass es eine nahezu gleichwertige Alternative gibt. Doch dieses Ticket kostet nur auf den ersten Blick genauso viel. Bei vier Mitreisenden wird es acht Euro teurer. Kommen für eine kleine Reisegruppe noch die Ausgaben für den Stadtverkehr am Zielort hinzu, wird der Kurztrip noch kostspieliger. Die betroffenen Kunden sind daher zurecht sauer, weil ihnen andere Gründe für die Entscheidung vorgemacht werden. Niemand verlangt von der Bahn, dass sie ihre Leistung, so schlecht sie derzeit auch sein mag, verschenken soll. Im Gegenteil. Sonst würde das Unternehmen nicht von Fahrgastrekord zu Fahrgastrekord eilen. Aber ein Teil des Ärgers ließe sich leicht vermeiden, wenn das Preissystem endlich einfach und transparent gestaltet werden würde. Wie nachteilig sich dies auswirkt, zeigte jüngst eine Umfrage des Verkehrsclubs Deutschland. Ein Großteil der Befragten hat danach den Eindruck, dass Bahnfahren in den vergangenen Jahren immer teurer geworden ist. Dies deckt sich zwar nicht mit den veröffentlichten Zahlen, wohl aber mit der Vermutung, dass die Geheimniskrämerei um Sparpreiskontingente nicht ohne Absicht betrieben wird. Bei aller Kritik am Preissystem steht die Bahn hier jedoch auch vor einer schwer lösbaren Aufgabe, wenn sie es allen recht machen will. Sie soll preisgünstig sein und gleichzeitig viel für Investitionen verdienen. Sie soll flexible Fahrten gestatten, kann aber die Auslastung der Züge so nicht immer steuern. Mehr Transparenz hätte angesichts dessen wohl Schattenseiten - weniger Flexibilität und weniger Billigangebote.
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