Lösung auf Sicht
Kommentar von Tobias Goldbrunner zu Jens Stoltenberg
Mainz (ots)
Er hatte längst andere Pläne - doch jetzt macht Jens Stoltenberg weiter. Der Norweger hat seinen Vertrag verlängert, bleibt Generalsekretär der Nato. Das ist einerseits ein starkes Zeichen in Richtung Russland: Die Nato wird ihrem Kurs weiter treu bleiben, Geschlossenheit in Krisenzeiten demonstrieren. Stoltenberg gilt als kluger Vermittler, agiert präzise und weitsichtig. Darauf können sich alle 31 Mitgliedsstaaten des Bündnisses verlassen. Dass der 64-Jährige einst Donald Trump in die Knie zwang, als dieser während seiner US-Präsidentschaft die Nato als "überflüssig" bezeichnete, sagt viel aus über den Skandinavier. Stoltenberg ist aktuell der richtige Mann, um die nächsten Herausforderungen zu stemmen - um etwa weitere Waffenlieferungen an die Ukraine in die Wege zu leiten. Doch Stoltenberg ist ebenfalls nur eine Lösung auf Sicht. Mit seiner Vertragsverlängerung wird ein Problem der Nato offensichtlich: Es bedarf der Zustimmung aller Mitgliedsstaaten, um wegweisende Entscheidungen zu treffen. Das zeigt sich derzeit im Fall Schweden. Dadurch ist das Bündnis oft zu schwerfällig. Dieses Übereinkommen könnte auch 2024 dafür sorgen, dass die Suche nach einem Stoltenberg-Nachfolger nicht einfacher wird - im Gegenteil. Schließlich stehen die EU-Wahlen an, kurz darauf die in den USA. Zudem sind die formalen Anforderungen an den Posten mittlerweile zu hoch. Dass die Verteidigungsausgaben des Landes, aus dem der Generalsekretär stammen soll, mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen sollen - das schränkt die Suche stark ein. Stoltenberg wäre schon vor einem Jahr gerne in seinen "Traumjob" als Chef der Zentralbank in Norwegen gewechselt - er blieb, weil Russland die Ukraine angriff. Es bleibt zu hoffen, dass er auch weiterhin voller Tatendrang zu Werke geht.
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