NDR/SWR: Rechtsextremistische Musik auf Soundcloud - Likes von Soldaten führen zu MAD-Ermittlungen
Hamburg (ots)
Auf der weltweit verfügbaren Online-Musikplattform Soundcloud sind nach Recherchen von NDR und SWR zahlreiche rechtsextremistische Titel deutscher Bands frei zugänglich. Zu den Hörerinnen und Hörern dieser Musik gehören auch Bundeswehr-Angehörige, denen nachrichtendienstliche Ermittlungen drohen, sobald sie den Gefällt-mir-Button klicken. In einer stichprobenartigen Suche fanden NDR und SWR mehr als 150 Titel von Alben, die auf dem Index stehen, also auf der Liste jugendgefährdender Medien der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz. Viele Songs waren bereits online, als Soundcloud im Mai gemeinsam mit Europol und sechs europäischen Polizeibehörden eine Aktion gegen Internet-Propaganda durchführte. Dabei wurden mehr als 300 rechtsextremistische Titel gelöscht, teilte das Bundeskriminalamt (BKA) auf Anfrage mit.
Gemäß Netzwerkdurchsetzungsgesetz müssen Online-Plattformen rechtswidrige Inhalte spätestens 24 Stunden, nachdem sie ihnen gemeldet wurden, löschen. Soundcloud hebt in einem Schreiben an NDR und SWR hervor, dass es sich an die geltende Rechtslage halte. Ein Team der Plattform bearbeite Meldungen verdächtiger Inhalte und ein externer Dienstleister suche nach Inhalten, die gegen die Soundcloud-Richtlinien verstießen.
Soldatinnen und Soldaten drohen schnell Ermittlungen des Militärischen Abschirmdienstes (MAD). Ein Sprecher des MAD teilte NDR und SWR mit: "Das Hören, Liken und Teilen von rechtsextremistischer Musik stellt immer einen tatsächlichen Anhaltspunkt für Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung dar und löst eine nachrichtendienstliche Verdachtsfalloperation aus." Philipp K. aus einer Panzergrenadier-Einheit in Vorpommern hat unter anderem Songs der Neonazi-Band Landser auf Soundcloud gelikt. Deren Musik steht nicht nur auf dem Index, der Bundesgerichtshof stufte Landser auch als kriminelle Vereinigung ein. "Ich liebe Musik und achte meistens auch gar nicht so extrem auf Texte, sondern ich mag es, wenn zum Beispiel die Gitarre gut mit dem Schlagzeug oder dem Bass harmoniert, dass ich dann gerne mal den Text vernachlässige", antwortete der Soldat NDR und SWR: "Ich bin von mir selbst geschockt. Ich habe mich selbst enttäuscht." Philipp K. ist auf seinen öffentlichen Inhalten sozialer Netzwerke klar als Soldat zu erkennen.
Der MAD wollte mit Verweis auf Persönlichkeitsrechte keine Angaben machen, ob gegen K. ermittelt wird. Soldatinnen und Soldaten droht als Ergebnis von Ermittlungen des MAD die Einstufung als "Person mit fehlender Verfassungstreue" oder gar "Extremist". Beides würde dann zur Entlassung führen, so das Bundesverteidigungsministerium. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) sieht in Musik mit rechtsextremistischen Texten "einen wichtigen Bestandteil des Rechtsextremismus in Deutschland" mit einer "nicht zu unterschätzenden Rekrutierungs- und Bindungsfunktion", heißt es in einer Antwort an NDR und SWR. "Der unkomplizierte und stetig verfügbare Zugang zu rechtsextremistischer Musik über entsprechende Angebote im Internet ist gerade im Hinblick auf das Radikalisierungspotential für Jugendliche gefährlich." Bereits das Liken könne einen "ersten Anhaltspunkt für das Vorliegen einer rechtsextremistischen Bestrebung" darstellen.
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