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BDI Bundesverband der Deutschen Industrie

Bericht der Bundesregierung an den Finanzausschuss des Deutschen Bundestages zur Fortentwicklung der Unternehmensbesteuerung
Erste Bewertung durch die Wirtschaft

Berlin (ots)

DEUTSCHER INDUSTRIE- UND HANDELSTAG
   BUNDESVERBAND DER DEUTSCHEN INDUSTRIE
   ZENTRALVERBAND DES DEUTSCHEN HANDWERKS
   BUNDESVEREINIGUNG DER DEUTSCHEN ARBEITGEBERVERBÄNDE
   BUNDESVERBAND DEUTSCHER BANKEN
   GESAMTVERBAND DER DEUTSCHEN VERSICHERUNGSWIRTSCHAFT
   BUNDEARBEITSGEMEINSCHAFT DER MITTEL- UND GROSSBETRIEBE DES
   EINZELHANDELS
   HAUPTVERBAND DES DEUTSCHEN EINZELHANDELS
   BUNDESVERBAND DES DEUTSCHEN GROSS- UND AUSSENHANDELS
(I) Die Spitzenverbände der Wirtschaft begrüßen die Absicht der
Bundesregierung, die Reform der Unternehmensbesteuerung
fortzuentwickeln. Die Bundesregierung hat in ihrem jetzt
veröffentlichten Bericht den erheblichen Änderungsbedarf im
Umwandlungssteuerrecht, dem Recht der Besteuerung verbundener
Unternehmen und dem Außensteuerrecht erkannt. Die Notwendigkeit einer
Reform dieser Rechtsgebiete ist von der Wirtschaft bereits seit
langem immer wieder hervorgehoben worden. Sie wird durch den
Systemwechsel bei der Körperschaftsteuer noch verschärft. Zudem ist
durch das geänderte Unternehmenssteuerrecht zusätzlicher
Regelungsbedarf entstanden.
Im Vorfeld der Berichtserstellung hatte die Wirtschaft
Gelegenheit, ihre Auffassungen zu den angesprochenen Problembereichen
in umfangreichen Positionspapieren vorzulegen und sich an der
Diskussion in dem vom BMF eingerichteten Beirat zu beteiligen.
Hierbei sind in vielen Punkten unterschiedliche Auffassungen zwischen
Verwaltung und Wirtschaft deutlich geworden, die in dem Bericht nicht
immer hinreichend zum Ausdruck kommen.
Der Bericht enthält eine Reihe wichtiger Reformvorschläge zur
Besteuerung verbundener Unternehmen, zu Umstrukturierungen und zum
Außensteuerrecht. Allerdings gehen vor allem im Bereich der
Besteuerung verbundener Unternehmen und im Bereich Umstrukturierung
bei den als kurzfristig umsetzbar vorgeschlagenen Maßnahmen die
Reformvorschläge nicht weit genug. Geboten wären hier mutigere
Schritte, die der Bericht zwar anspricht, aber zunächst einer
späteren Diskussion zuweist. Darüber hinaus bestehen in einigen
Fragen grundlegende Meinungsunterschiede, die im weiteren Verfahren
intensiv erörtert werden müssen. Nach Auffassung der Spitzenverbände
darf im Anschluss an die Unternehmenssteuerreform die notwendige
Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts nicht halbherzig
angegangen werden. Vielmehr bedarf es weitergehender Schritte, um die
steuerlichen Rahmenbedingungen der Unternehmen im internationalen
Wettbewerb steuerlich nicht zurückfallen zu lassen, sondern sie
progressiv im Interesse von Wachstum und Beschäftigung zu gestalten.
Die im Bericht enthaltenen mittel- und längerfristigen
Reformvorschläge müssen noch in dieser Legislaturperiode vorbereitet
werden, damit sie zeitnah in der nächsten Legislaturperiode
Gesetzeskraft erlangen.
(II) Der Bericht macht insgesamt deutlich, dass systematische und
materielle Änderungen des Steuerrechts notwendig sind, um den
Unternehmen die rasche Anpassung an die dynamische Entwicklung auf
den nationalen und internationalen Märkten zu ermöglichen. Er zeigt
dazu einige wesentliche steuerliche Fortentwicklungen auf.
Insoweit positiv erscheint bei den Vorschlägen zum Bereich
Umstrukturierung, dass in Teilbereichen die Forderungen der
Wirtschaft nach Verbesserungen bei der Umstrukturierung von
Personenunternehmen aufgegriffen worden sind. So sollen z. B. die
Realteilung und die Regelungen des Mitunternehmererlasses partiell
wiedereingeführt werden. Leider beschränkt sich dies auf
Personenunternehmen. Soweit Kapitalgesellschaften beteiligt sind,
soll es bei der steuerpflichtigen Gewinnrealisierung bleiben, was
erheblich negative Folgen auf die Bildung von
Gemeinschaftsunternehmen hat.
Die Wirtschaft begrüßt die von der Bundesregierung vorgeschlagene
Lösung der Grunderwerbsteuerproblematik bei Umstrukturierungen im
Konzern. Nach der derzeitigen Rechtslage unterliegen
Grundstücksübertragungen im Konzern der Grunderwerbsteuer auch dann,
wenn es sich um einen Vorgang handelt, der sich lediglich innerhalb
der wirtschaftlichen Einheit des Konzerns vollzieht.
Nach Auffassung der Wirtschaft müssen zusätzlich auch die
folgenden Problembereiche kurzfristig im anstehenden
Gesetzgebungsverfahren geregelt werden:
* Umstrukturierung
7-Jahresfrist
   Das deutsche Steuerrecht bietet aufgrund seiner Komplexität
Möglichkeiten zu Gestaltungen, die aus Sicht des Gesetzgebers
unerwünscht sind. Zur Verhinderung von Missbräuchen beabsichtigt die
Finanzverwaltung verstärkt allgemeine Fristenregelungen einzuführen,
innerhalb derer bestimmte Umstrukturierungen als missbräuchlich
qualifiziert werden sollen. Die dazu generell vorgeschlagene
Karenzfrist von 7 Jahren ist willkürlich und eindeutig zu lang. Sie
trifft häufig unternehmerisch sinnvolle Vorgänge ohne
Missbrauchsgehalt und verhindert so betriebswirtschaftlich notwendige
und im internationalen Wettbewerb unvermeidbare Umstrukturierungen.
Geboten wäre eine generelle Vermeidung der Doppelbesteuerung unter
Verzicht auf jegliche Fristenregelung.
Übertragung stiller Reserven
   Die Formulierung des Berichts, gegen die Einführung einer
Reinvestitionsrücklage sprächen steuersystematische Gründe, ist nicht
nachvollziehbar. Die systematisch richtige und volkswirtschaftlich
sinnvolle Steuerfreistellung der Beteiligungserlöse von
Kapitalgesellschaften muss aus Wettbewerbsgründen auch für die
Beteiligungsverkäufe von Personenunternehmen gelten. Hier sollte die
Möglichkeit eingeräumt werden, diese Gewinne durch eine entsprechende
Ausdehnung von § 6b EStG steuerneutral zu reinvestieren. Im nun
folgenden Gesetzgebungsverfahren bedarf es insoweit dringend einer
Korrektur.
Umwandlungssteuerrecht
   Im Umwandlungssteuerrecht gibt es eine Reihe von
Änderungsnotwendigkeiten, die im Vorgriff auf eine generelle
Überarbeitung des Umwandlungssteuergesetzes kurzfristig in Angriff
genommen werden sollten. Dies betrifft zum einen die im Bericht der
Bundesregierung angesprochene vorwiegend nationale Ausrichtung des
Gesetzes, aber auch eine Reihe anderer Punkte, die noch in diesem
Jahr abschließend geklärt werden könnten. Im einzelnen handelt es
sich um:
  • die Anwendung von § 13 UmwStG auf Verschmelzungen und Spaltungen im Ausland,
  • die Möglichkeit der steuerneutralen Einbringung nach § 20 Abs. 3 UmwStG auch bei Beteiligung ausländischer Gesellschafter,
  • den Ausschluss des Zwangs zur Buchwertverknüpfung bei Einbringungen "über die Grenze" (§ 23 Abs. 4 UmwStG),
  • die Streichung der EU- widrigen 7-Jahresfrist in § 26 Abs. 2 UmwStG,
  • die gesetzliche Klarstellung der streng funktionalen Auslegung des Teilbetriebsbegriffs im Umwandlungssteuerrecht.
  • Besteuerung verbundener Unternehmen
Gewinnabführungsvertrag
   Voraussetzung für eine körperschaftsteuerliche Organschaft ist
bislang (anders als bei der Gewerbesteuer) das Vorliegen eines
Gewinnabführungsvertrages. Der bestehende Zwang zu dessen Abschluss
ist jedoch mit erheblichen Erschwernissen für die Organschaft
verbunden. Entsprechend dem Vorbild bei der Gewerbesteuer sollte die
Notwendigkeit des Abschlusses eines Gewinnabführungsvertrages zur
Begründung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft entfallen.
Dieses Kriterium sollte ersetzt werden durch ein von Organträger und
Organgesellschaft einheitlich auszuübendes Wahlrecht, an das die
Unternehmen fünf Jahre gebunden wären. Gewerbe- und
körperschaftsteuerliche Organschaft könnten so harmonisiert werden.
Die Bindungswirkung des Antrages würde zudem den Gemeinden eine
verlässliche Aufkommensgrundlage bei der Gewerbesteuer sichern.
Öffnung der Organschaft für Banken und Versicherungen
Gänzlich unberücksichtigt sind die Probleme derjenigen Unternehmen -
v.a. im Banken und Versicherungsbereich - geblieben, denen
rechtsformabhängig eine finanzielle Eingliederung versagt bzw. denen
aufgrund Aufsichtsrechts der Abschluss von Gewinnabführungsverträgen
verwehrt bleibt. Die damit steuerinduzierte Wettbewerbsungleichheit
gilt es zu beseitigen. Die Wirtschaftsverbände haben hierzu
Lösungsvorschläge unterbreitet.
Dies gilt auch für die umsatzsteuerliche Organschaft. Im Gegensatz
zur Darstellung des Berichts bestehen auch unter Berücksichtigung der
6. EG-Umsatzsteuerrichtlinie Öffnungsmöglichkeiten. Regelungen in
anderen EU-Mitgliedstaaten geben dazu Raum. Angesichts
betriebswirtschaftlich gebotener Notwendigkeiten,
Unternehmensfunktionen auf andere Unternehmensträger auszulagern (z.
B. Outsourcing im EDV-Bereich), um hierdurch Synergieeffekte zu
erreichen, besteht für Banken und Versicherungen wegen deren
Ausschluss vom Vorsteuerabzug ein erhebliches Bedürfnis für eine
angemessene Korrektur im Umsatzsteuerrecht.
Vororganschaftliche Verluste
   Eine Vereinheitlichung der gewerbe- und körperschaftsteuerlichen
Bestimmungen ist überfällig. Einzig sachgerecht ist eine Übernahme
der gewerbesteuerrechtlichen Regelung, wonach vororganschaftliche
Verluste der Organgesellschaft zunächst von deren zukünftigen
Gewinnen zu kürzen sind, bevor diese mit dem Einkommen des
Organträgers zusammengerechnet werden.
Mehrmütterorganschaft
   Zu dem Rechtsinstitut der Mehrmütterorganschaft werden keine
Ausführungen gemacht. Damit bleibt es offenkundig bei der Absicht der
Finanzverwaltung, die BFH-Entscheidungen vom 09.06.1999 durch eine
rückwirkende Gesetzesänderung aufzuheben. Dies wäre ein bisher nicht
gekannter Vorgang und erschütterte das Vertrauen in das
Rechtsstaatsprinzip nachhaltig. Würde  diese Absicht umgesetzt,
könnte sich künftig niemand mehr auf Musterverfahren beim BFH
verweisen lassen, müsste er doch befürchten, selbst bei Obsiegen
nachträglich durch eine rückwirkende Gesetzesänderung rechtlos
gestellt zu werden. Es kann daher auch für die Zukunft nur bei der
durch die vom BFH bestätigten Rechtslage bleiben, die einem
langjährigen Petitum der Wirtschaft entspricht. Als vermittelnde
Lösung ist auch denkbar, die steuerliche Ergebnisverrechnung bei
Mehrmütterorganschaften zukünftig z.B. an das Bestehen eines
Beherrschungsvertrages zu knüpfen.
Aufwendungen im Zusammenhang mit steuerlich außer Ansatz
bleibenden  Dividenden( § 8b Abs. 1 KStG)
   Es ist zu begrüßen, dass die Bundesregierung der Forderung der
Wirtschaft, die Anwendung des  § 3c Abs. 1 EStG auf Inlandsdividenden
auszuschließen, entsprechen will. Allerdings muss auch 
§ 3c Abs. 2 EStG gestrichen werden. Die Vorschrift führt in vielen
Fällen zur Besteuerung "negativer Dividendeneinkünfte" und verstößt
damit gegen das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.
* Außensteuerrecht
Die im Bericht zum Bereich des Außensteuerrechts enthaltenen
Korrekturen sind grundsätzlich zu begrüßen. Dies gilt namentlich für
die Anerkennung der Unschädlichkeit mehrstufiger Holdingstrukturen im
Ausland und die Abschaffung des Sondersteuersatzes von 38 % auf den
Hinzurechnungsbetrag zugunsten der Wiedereinführung der Einbeziehung
des Hinzurechnungsbetrags in das zu versteuernde Einkommen. Auch die
Schließung möglicher Besteuerungslücken bei Kapitalanlageeinkünften
wird mitgetragen, um die Funktion des Halbeinkünfteverfahrens
sicherzustellen.
Die Wirtschaft fordert allerdings eine Neuformierung und
Liberalisierung des zentralen Katalogs der Abgrenzung aktiver und
passiver Betätigungen, der teilweise für den deutschen
Wirtschaftsstandort kontraproduktiv wirkt. Einer Abschaffung des
DBA-Vorbehalts für das Eingreifen der Hinzurechnungsbesteuerung (§ 10
Abs. 5 AStG), wie sie von der Bundesregierung erwogen wird, steht die
Wirtschaft ablehnend gegenüber. Eine Abschaffung würde im Verhältnis
zu zahlreichen Staaten einen Verstoß gegen bestehendes Abkommensrecht
darstellen und das Vertrauen in die Einhaltung internationaler
Regelungen nachhaltig verletzen. Eventuelle Probleme mit einigen
wenigen Staaten sollten mit diesen bilateral geklärt werden, ohne in
die Abkommen mit allen übrigen Staaten einzugreifen.

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