Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Ukraine
Bielefeld (ots)
Driftet die Ukraine weiter in den Einflussbereich Moskaus oder führt der Weg des Landes langsam, aber beharrlich in Richtung Europäische Union und Nato? Diese Frage bleibt auch nach den Parlamentswahlen bisher unbeantwortet. Das Land ist weiterhin politisch zerrissen zwischen den Moskau-treuen Hochburgen des bisherigen Ministerpräsidenten Viktor Janukowitsch im Osten und dem nach Westen strebenden Bündnis der früheren orangenen Koalitionäre Julia Timoschenko und Viktor Juschtschenko. Die Siegerin der Wahl ist Julia Timoschenko. Ob sie allerdings ihren Erfolg in eine stabile Koalition ummünzen kann, ist nach dem knappen Wahlausgang offen. Beide Lager brauchen kleine Parteien als Steigbügelhalter zu einer tragfähigen Mehrheit. Timoschenkos erstes Bündnis mit Juschtschenko endete im Streit und ihrer Entlassung als Ministerpräsidentin. Beide enttäuschten nach der orangenen Revolution das Vertrauen der Menschen in eine bessere Zukunft des Landes. Vor diesem Wahlgang einigten sich beide erst nach langen Streitereien auf ein neues Bündnis. Ob dieses Bündnis jedoch tragfähig genug sein wird, innenpolitische Reformen anzupacken und die Korruption zu bekämpfen, wie es sich Timoschenko auf die Fahnen geschrieben hat, ist nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre zweifelhaft. Eine Wiederbelebung des bereits zweimal gescheiterten Bündnisses trägt enorme Risiken in sich. In 18 Monaten stehen Präsidentschaftswahlen an. Dann werden sich sich die ehrgeizige Timoschenko und Juschtschenko wieder als Rivalen gegenüberstehen. Das wird nicht ohne Folgen für eine Koalition bleiben. Und hier kommt Russland ins Spiel. Der mächtige Nachbar wacht eifersüchtig darüber, dass die Ukraine, einst Teil der Sowjetunion, nicht weiter unter den Einfluss des Westens gerät. Ein künftiges EU- und Nato-Mitglied Ukraine will der russische Präsident Wladimir Putin um jeden Preis verhindern. So wird es interessant sein zu sehen, auf welche Seite sich die kleine Partei des früheren Parlamentspräsidenten Wladimir Litwin schlagen wird. Er gibt sich nach beiden Seiten hin offen. Doch er wird verdächtigt, dass Moskau seine Wahlkampagne finanziert hat, damit er Janukowitschs Lager stärkt. Wie unverhohlen Putin Druck auf die Ukraine ausübt, zeigt nicht nur die Tatsache, dass Moskau jetzt mit der Drosselung von Öl- und Gaslieferungen droht, falls offene Rechnungen nicht beglichen werden. Bereits vor dem Wahltag durfte Moskaus Botschafter in Kiew trocken erklären, dass die Höhe des künftigen Gaspreises für die Ukraine von der Regierungsbildung abhängt. Die Moskauer Wirtschaftszeitung Kommersant berichtete, dass der Preis pro 1000 Kubikmeter für eine Regierung Timoschenko bei 230 Dollar liegen solle. Janukowitsch erhielte einen Vorzugspreis bis zu 175 Dollar. Dies ist auch ein deutliches Signal an westliche Regierungen, wie Moskau mit seinen Energiereserven künftig Politik zu machen gedenkt.
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