Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Afghanistan
Bielefeld (ots)
Es war in der Nacht zum Freitag, um zwei Uhr, als das Lot der »Santa Maria« Land anzeigte. Der Kalender zählte den 12. Oktober 1492, Kolumbus war auf Land gestoßen. Er brachte Ideen und Ideologien der Alten Welt mit, nicht immer die besten, aber der Keim der Freiheit, die Sicht des Menschen als Person, beides war dabei. Noch heute wird der Kolumbus-Tag in Amerika gefeiert, Europa hat diese Geburtsstunde der Gemeinsamkeit fast vergessen. Seither aber sitzen die Europäer und die Amerikaner in einem Boot, wenn auch zu oft mit unterschiedlichem Ruderschlag, sie teilen die gleichen Werte: der Mensch als Person und Kind Gottes, woraus die Menschenrechte und die Freiheit erwachsen. Darum geht es letztlich in Afghanistan. Auch dort sitzen Europäer und Amerikaner im gleichen Boot der Freiheit. Denn wenn das Land am Hindukusch wieder in die Hände der totalitär denkenden Taliban fällt, hat der Terror wieder eine staatliche Anlehnungsmacht mit all den diplomatischen Freizügigkeiten und Möglichkeiten, die weltweite Operationen erheblich erleichtern. Vor diesem Hintergrund ist auch die Debatte zu sehen, die an diesem Freitag im Bundestag über das Afghanistan-Mandat geführt wird. Es wird eine deutliche Mehrheit für die Fortsetzung des Mandates geben. Es wird aber auch wieder auf den Unterschied zwischen den Mandaten der Isaf, der Schutztruppe im Norden, und der Einheiten der OEF, der kämpfenden Truppen im Süden und Südosten des Landes verwiesen werden. Doch die Unterschiede verschwimmen. Nach Schätzungen der militärischen Stäbe werden 90 Prozent der Isaf-Flüge von den OEF-Einheiten angefordert. Dazu gehören auch Aufklärungsflüge der deutschen Tornados. Es ist nicht möglich, die Aufträge der verschiedenen Truppenteile auseinanderzuhalten, weil die Operationen zu Land und aus der Luft im Verbund durchgeführt werden. Wer die Zusammenarbeit verweigert, springt aus dem Boot der Terrorismus-Bekämpfung. Und lässt damit dem Drogenanbau völlig freie Hand. Schon heute kommen 93 Prozent des weltweit verfügbaren Opiums aus den Hochtälern Afghanistans. Sie zerstören Leben im Westen und finanzieren den Terror. Nun gibt es noch die politische Front. Einige Politiker - zum Beispiel der amtsmüde Afghanistan-Sonderbeauftragte der Uno, Tom Koenigs - meinen, man müsse auch mit den Taliban verhandeln. Aber anders als SPD-Chef Kurt Beck denkt er an weniger radikale Taliban-Gruppen, die man dadurch gegen die Terroristen des Mullah Omar in Stellung bringen könnte. Das sind taktische Erwägungen. Wichtig ist die Strategie. Man kann, wie schon Alexander der Große wusste, Afghanistan erobern, besetzen kann man es nicht. Das müssen die Afghanen selbst tun. Deshalb ist die Unterstützung für Präsident Hamid Karzai, so schwach er auch sein mag, eine Überlebensfrage - und die Sinnfrage für alle Mandate.
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