Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zur Lage im Iran:
Bielefeld (ots)
Es passt so recht zum schrägen Weltbild des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad, dass er den amerikanischen Geheimdienstbericht jetzt in einen Sieg für sein Land ummünzt. Wenn in diesem Zusammenhang überhaupt von einem Sieg gesprochen werden kann, dann kann er höchstens der Beharrlichkeit der internationalen Gemeinschaft zugeschrieben werden. Diese hat sich von den Provokationen aus Teheran nicht zu unüberlegten Schritten hinreißen lassen und hat bisher nicht zugelassen, dass US-Präsident George W. Bush mit mehr als Sanktionen gegen Iran vorgeht. Im ersten Moment könnte man Schadenfreude darüber empfinden, dass der Chef des Weißen Hauses und sein Vize Dick Cheney jetzt vom eigenen Geheimdienst ausgebremst worden sind. Doch eigentlich ist dies ein Grund für Freude und Erleichterung. Die Geheimdienste haben die Notbremse gezogen, bevor Bush und Cheney ihr Land in ein weiteres gefährliches Abenteuer getrieben hätten. Für Bush selbst mag sich nichts geändert haben. Er zählt Iran weiterhin zur »Achse des Bösen«. Seine Warnungen vor einem neuen Weltkrieg waren mehr als nur Drohungen gegenüber Teheran. Bush hat nicht nur ständig von einem militärischen Vorgehen gegen Iran geredet, er hätte lieber heute als morgen zugeschlagen. Doch eine militärische Option ist Bush und seinen Falken in Washington vom US-Geheimdienst aus der Hand geschlagen worden. Die Diplomatie hat wieder die Oberhand gewonnen, wird Ahmadinedschad aber hoffentlich nur einen kurzen Triumph gönnen und ihn dann, diesmal mit der Hilfe Russlands, endgültig in die Schranken weisen. Doch noch einmal zurück zu Bush. Er steht jetzt noch mehr im Kreuzfeuer seiner Landsleute. Und das völlig zu Recht. Sein ganzes Vorgehen erinnert stark an jenes seinerzeit vor dem Irak-Krieg, als er seine Landsleute und die Welt getäuscht hat. Er trieb damals mit den vorhandenen Fakten Schindluder - und hat es wohl auch diesmal wieder getan. Bush kann nicht behaupten, von den Geheimdienst-Informationen vorher nicht gewusst zu haben. Trotzdem warnte er immer wieder, ein atomar bewaffneter Iran könnte einen Weltkrieg auslösen. Im nächsten Jahr endet seine Amtszeit, er wird bis dahin noch viel erklären müssen. Auch wenn der Iran sein Atomwaffen-Programm 2003 unterbrochen hat, machen die Geheimdienstberichte doch deutlich, wie berechtigt die Sorge der internationalen Gemeinschaft ist. Iran wollte die Atombombe, will sie immer noch. Es besteht also kein Grund, die Sanktionspolitik abzubrechen. Es ist die Stunde der Diplomatie. Mit Russland zusammen muss es gelingen, den iranischen Präsidenten dazu zu bringen, die Urananreicherung endgültig zu stoppen. Ist der Brandherd Iran erst einmal gelöscht, sieht die Zukunft für den gesamten Nahen Osten besser aus.
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