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Westfalen-Blatt

Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zur Situation von CDU und SPD:

Bielefeld (ots)

Beide Volksparteien geben dieser Tage ein
bemerkenswert bemitleidenswertes Bild ab. Wo stehen wir, und wo 
wollen wir hin? Fragen, auf die SPD und CDU schwer Antworten finden. 
Den Schaden hat die Demokratie: In Niedersachsen verzichtete beinahe 
jeder zweite Wahlberechtigte darauf, seine Stimme abzugeben.
Dessen vollkommen ungerührt feiern die Sozialdemokraten Andrea 
Ypsilanti und ihren »Wahlerfolg«. Dabei ist das Ergebnis in Hessen - 
vor noch nicht allzu langer Zeit eine Bastion der Sozialdemokratie - 
eher dürftig ausgefallen. Das 7,6-Prozentpunkte-Plus täuscht. 36,7 
Prozent sind der zweitschlechteste Wert der Nachkriegsgeschichte. Und
die 30,3 Prozent, die der niedersächsische Spitzenkandidat Wolfgang 
Jüttner für seine Partei geholt hat, markieren gar einen 
Negativrekord.
Strategisch noch bedeutsamer ist, dass der von Parteichef Kurt Beck 
angeordnete Linksrutsch der SPD nichts genutzt hat. Weder wurde eine 
klare eigene Regierungsmehrheit gewonnen, noch konnte die Linke aus 
den Landtagen gehalten werden.
Bei der CDU fällt die Bestandsaufnahme nicht viel besser aus. Erst 
verliert Roland Koch die Nerven und missbraucht das Thema 
Jugendkriminalität plump für Wahlkampfzwecke. Und kaum dass die 
Wähler diese Glaubwürdigskeitslücke aufgedeckt haben, melden sich 17 
Heckenschützen aus der Union, um mit Koch abzurechnen. Das ist nicht 
minder populistisch. Schließlich ist unstrittig, dass das Problem 
krimineller, ausländischer Jugendlicher auf die Tagesordnung gehört. 
Das wissen auch die Briefunterzeichner, doch ihre Sorge am 24. 
Februar in Hamburg ein zweites Hessen zu erleben, ist größer.
 Im Versuch, es allen recht zu machen, stoßen CDU und SPD immer öfter
an ihre Grenzen. So täte an erster Stelle eine Selbstreflexion Not. 
In Erinnerung ihrer großen Geschichte sollte sich die SPD vielleicht 
ein bisschen stärker der eigenen Kraft besinnen, anstelle in 
Ehrfurcht vor den linkspopulistischen Truppen um Oskar Lafontaine und
Gregor Gysi zu erstarren wie das Kaninchen vor der Schlange. So 
bescheiden die Umfragewerte für Beck und Co. auch sein mögen, die 
Partei hat es nicht nötig, sich von der Linken den Kurs diktieren zu 
lassen.
Das Gleiche gilt für die CDU, die von Kirchhof bis Rüttgers, von Merz
bis Laumann und von Koch bis von Beust alles an politischen Konzepten
immer mal wieder anbietet, um es beim erstbesten Widerstand wieder 
einzusammeln. Das Rumlavieren zwischen mehr Markt und mehr Staat, 
zwischen Integration und Abschiebung, zwischen konservativer Klientel
und neuer Mitte hält zwar für jeden etwas bereit, auf Dauer wird dem 
Publikum davon allerdings auch reichlich schwindelig.
 Sicher, zum Wesen der Volksparteien gehört es ja gerade, die 
unterschiedlichsten Interessengruppen unter einen Hut zu bringen. 
Dazu ist Meinungsvielfalt notwendig. Beliebigkeit verbietet sich 
aber. Ohne klares Profil ist auf Dauer kein politischer Profit zu 
erzielen. Dafür hat Hessen den besten Beleg geliefert.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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