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Westfalen-Blatt

Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) kommentiert:

Bielefeld (ots)

Es war nicht gerade ein Knaller, den der WDR da
plötzlich auf den Markt warf, aber immerhin der Überlegung wert. »Du«
oder »Sie«? war nicht mehr die Frage, denn die interne 
Selbstverpflichtung, die sich die Sportredaktionen des Senders 
kürzlich gegeben haben, ist unmissverständlich: Statt des 
vertraulichen Du zu gebrauchen, sollen die Moderatoren ihre Gäste 
grundsätzlich siezen. WDR-Intendatin Monika Piel soll all dies 
angeregt haben.
 In dem Positionspapier (Titel: »Distanz in der 
Sportberichterstattung«) wird auf die zunehmende Kommerzialisierung 
des Sports verwiesen, die zusätzliche Anfoderungen an die 
Journalisten stelle. Es dürfe nicht soweit kommen, »dass wir uns mit 
dem Gegenstand unserer Berichterstattung gemeinmachen«. 
Unabhängigkeit sei gefragt, heißt es weiter. In der Vergangenheit 
mussten sich Sportjournalisten auch der öffentlich-rechtlichen Sender
immer wieder mit dem Vorwurf auseinandersetzen, zu große Nähe zu 
prominenten Sportlern oder mächtigen Funktionären zu suchen.
Gut gebrüllt, könnte man sagen, das musste endlich mal geregelt 
werden. Ist nun wirklich alles geregelt? Kann es keine Auswüchse mehr
geben, nur weil jetzt gesiezt wird? Zweifel sind angebracht, und das 
nicht nur für den Bereich des Sports.
Auch regt sich schon Widerstand. Die »Duz-Maschine« Waldemar Hartmann
(wie er sich selbst bezeichnet) beispielsweise mag sich das Duzen nun
gar nicht verbieten lassen. Ein ehrliches Du sei ihm lieber als ein 
geheucheltes Sie, gibt er zu Protokoll. Grundsatz sei bei ihm, für 
den Gesprächspartner eine Atmosphäre zu schaffen, in der er 
vielleicht mehr sagt, als er vorhatte. Kann man freien Mitarbeitern, 
und auch Hartmann ist einer, das Du überhaupt verbieten?
Maybrit Illner hingegen würde gerne den Journalisten im Lande einen 
Ehrenkodex verordnen, der mehr Distanz beispielsweise zur Politik 
schafft. Da ist dann Duzen nicht drin, das gegenseitige Einladen auf 
Feste und anderes auch nicht. Auch dies zu Protokoll. Beide haben auf
ihre Art recht. Im übrigen gilt das nicht nur für Journalisten.
Entscheidend indes ist: Wie gehen wir mit einem Gesprächspartner um, 
wieviel Nähe oder Abstand brauchen wir, wie weit können wir uns 
einlassen, ohne zu verletzten oder selbst verletzt zu werden? In 
welcher Situation, an welchem Ort, in welcher Gesellschaft ist Du 
oder Sie angebracht? Darüber müssen wir nachdenken, feinfühlig 
werden. Selbstbewußtsein und Selbstbehauptung gehören dazu.
Regeln gibt es natürlich. Seit Ende des 20. Jahrhunderts gilt im 
deutschsprachigen Raum die Regel, dass nur Familienangehörige und 
enge Freunde geduzt werden. Fremde werden grundsätzlich gesiezt, es 
sei denn, es handelt sich um Kinder. Ausnahmen gibt es natürlich 
zuhauf. Motorradfahrer duzen sich nunmal (meistens).
Wie halten wir es also? Letztendlich kommt es auf den Einzelnen an. 
Da überzeugt nur der, der uns wahrhaftig daher kommt und eine 
sinnvolle Distanz wahrt.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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