Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Olympische Spiele
Bielefeld (ots)
Eines steht schon heute fest: Am 24. August gibt es 302 neue Olympiasieger. Doch um goldige Aussichten kämpfen in Peking nicht nur die mehr als 11 000 Athleten bei den 29. Sommerspielen der Neuzeit. Das Internationale Olympische Komitee will auf der einen Seite zurück zu seinen Idealen, verstärkt aber gleichzeitig die Kommerzialisierung und denkt über eine Änderung der Propagandashow Fackellauf nach. China bemüht sich um eine maximale Steigerung seiner internationalen Reputation - nutzt dazu allerdings untaugliche Mittel. Der olympischen Gastgeber ignoriert hartnäckig all die Proteste gegen die Missachtung der Menschenrechte in seinem Land. Und das IOC muss sich vorwerfen lassen, die Chance zur Verbesserung vertan zu haben. Auch der Sportbetrug belastet die Olympische Familie, doch aufgegeben wird nicht. Die Dopinglabore wollen endlich nicht mehr zweiter Sieger sein im Duell mit Dopern und deren chemiebewaffnetem Anhang aus Ärzten und Lieferanten. So bleibt die Hoffnung, dass vor allem neben den 302 Goldträgern einer bei den Spielen gewinnt: der saubere, faire und gute Sport. Dies mag eine Utopie sein und bleiben. Aber man sollte die Hoffnung noch nicht aufgeben. Dazu ist es allerdings auch notwendig, die Verklärung und Erhöhung neuer Helden auf einem gesunden Maß zu belassen. Diskussionen wie einst vor der Fußball-WM 2006 unter anderem bei Maybrit Illner (»Berlin Mitte«) nach dem Motto »Kann der WM-Titel die deutsche Wirtschaft retten?« führen nicht dazu, dass Sportler eine realistische Einordnung ihres Ranges im öffentlichen Leben vornehmen können. Sie führen andererseits dazu, dass die wettkampfmäßige Leibesertüchtigung auf Weltklasse-Niveau von anderen gesellschaftlichen Bereichen okkupiert und missbraucht wird. Die Vereinnahmung des Sports, von ihm oft auch selber gesucht und betrieben, hat nicht erst 2008 ungesunde Ausmaße angenommen. Von diesen Auswüchsen profitieren einige Athleten (pralles Konto), die meisten aber, die nicht bei allem mitspielen wollen, sind arm dran - an Medaillen und Moneten. Dieser Zustand wird vielfach beklagt, eine echte Umkehr aber von vielen nicht gewollt. In Deutschland wird über die Top-Gehälter von Managern rege diskutiert, aber ein Dirk Nowitzki zum Beispiel spielt nicht für ein Josef-Ackermann-Gehalt bei den Dallas Mavericks. Der Eine leitet die Deutsche Bank, der Andere spielt Basketball. Und um den Wahnsinn des Sports noch besser zu dokumentieren: In seiner Zeit in der Formel 1 - zugegeben keine olympische Disziplin - hat Michael Schumacher geschätzte 500 Millionen Euro verdient. In 16 Jahren. Wenn diese Spirale sich so weiter dreht, geht der Sport unter. Das Interesse an der Formel 1 ist drastisch gesunken, viele andere Sportarten verlieren Zuschauer in höchstem Tempo. Doping gefährdet die Existenz viele Profiveranstaltungen. So weit ist es bei Olympia nicht. Aber es könnte helfen, wenn außer 302 Athleten nicht nur China, Sportfunktionäre und Dopinglabore gewinnen.
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