Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) kommentiert
Bielefeld (ots)
Im Kampf gegen die Finanzkrise schließen sich die Regierungen weltweit zusammen. Sie tun alles, um dem Eindruck der Ohnmacht gegenüber abstürzenden Aktienkursen und zusammenbrechenden Banken zu widersprechen. G7, IWF, die Euro- und Schwellenländer wollen durch eine konzertierte Aktion das Vertrauen in die Finanzmärkte zurückholen. Am Wochenende haben wir die positive Seite der Globalisierung erlebt: Koordination statt Konfrontation wie zu Zeiten der Nationalstaaten im 19. und 20. Jahrhundert, als das Geld bereits keine Grenzen mehr anerkannte. Das Zusammenstehen der Welt in der Not tröstet über die negativen Auswirkungen der Globalisierung hinweg, wie sie in den vergangenen Wochen und Monaten drastisch zu sehen waren. Wie ein Flächenbrand sprang die Immobilienkrise in den USA auf Europa über, nach amerikanischen Banken gerieten auch solche in Großbritannien und Deutschland, wie die Hypo Real Estate, ins Wanken. Milliarden Dollar und Euro wurden verbrannt. Alles auf der Welt hängt zusammen: Dieser Grundsatz der Globalisierung zeigt sich überdeutlich. Alternativen zur Globalisierung, in der die Welt zum Dorf wird, gibt es aber nicht. Nationales Abschotten ist keine erfolgversprechende Strategie, eine Wirtschaft lässt sich nicht isolieren. Kapital und damit Unternehmer drängen dorthin, wo mit möglichst geringem finanziellen Einsatz der größtmögliche Gewinn erzielt werden kann. Grenzen stören da nur, lähmen unternehmerisches Engagement und verringern den Wohlstand im eigenen Land. Deshalb tut die Politik im Moment das einzig Richtige, weil unbedingt Erforderliche. Um die Abwärtsspirale an den Finanzmärkten zu stoppen, werden die Regierungen zu Akteuren. Wir erleben den Abschied vom Nachtwächterstaat, der die Wirtschaft machen ließ. Kontrolle statt Laissez-faire lautet die Konsequenz aus dem aus den Fugen geratenen Finanzsystem. Regierungen garantieren die Einlagen ihrer Bürger und die Existenz der wichtigsten Banken in ihrem Land. Sie schrecken vor Verstaatlichung nicht mehr zurück. Eine derart massive Einflussnahme ist außergewöhnlich und spiegelt den Ernst der Lage wider. Kommt damit der Sozialismus, die Planwirtschaft, durch die Hintertür wieder herein? Die Zentralisation des Kredits in den Händen des Staates durch eine Nationalbank forderten Karl Marx und Friedrich Engels 1848 im Kommunistischen Manifest. Eine Neuauflage dieses Ladenhüters darf es nicht geben, Verstaatlichungen oder Teilverstaatlichungen dürfen nur als kurzfristiges politisches Instrument zur Stabilisierung in Wirtschaftskrisen eingesetzt werden. Gut, dass Kanzlerin Merkel bereits vorbeugte, indem sie erklärte, der Staat wolle die Banken nicht entmachten. Mehr Aufsicht ist aber nötig: Die Milliardenhilfen zur Existenzsicherung bezahlen wir mit unseren Steuern. Wir bürgen mit unserem Geld für unsere Bankkonten. Vielen Bankmanagern trauen wir nicht mehr.
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