Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) kommentiert:
Bielefeld (ots)
Die Rettung von Opel hat am Freitag in einer Weise an Fahrt aufgenommen, wie man es dem in der Vergangenheit oft undynamischen Management in Rüsselsheim vorher kaum zugetraut hatte. Die Chance, dass die europäischen Töchter des weltweit hinter Toyota auf Platz 2 abgerutschten US-Automobilherstellers General Motors (GM) die Krise und drohende Insolvenz des Mutterkonzerns überleben werden, ist wieder gestiegen. Allerdings ist Opel noch lange nicht am Ziel. Viele, die sich in Deutschland ein »New Deal«, also einen völligen Neuanfang, für Opel wünschen, tun dies im Blick darauf, dass das 1863 in Rüsselsheim zunächst als Nähmaschinenfabrik gegründete Unternehmen von GM in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach vernachlässigt und ausgeschlachtet wurde. Dabei würde diese Form der Ausbeutung selbst durch die im Augenblick noch verweigerte völlige Herauslösung aus General Motors nicht rückgängig gemacht. Derzeit ist es sogar noch so, dass Opel für jedes produzierte Auto eine Patentgebühr an GM zahlt, auch wenn die Teile in Rüsselsheim entwickelt wurden. Die Rücknahme dieser Regelung ist das Mindeste, was in den nun bevorstehenden Verhandlungen noch erreicht werden muss. Darüber hinaus ist eine größere Beteiligung der Amerikaner an den vom Opel-Chef selbst auf sieben Milliarden Euro bezifferten Sanierungskosten unumgänglich. Man stelle sich vor, jeder Mittelständler ginge, wenn die Kasse leer ist, einfach zum nächsten Abgeordneten, um vom Staat ein Rettungspaket einzufordern. Das System käme bald an sein Ende. General Motors kann diesen Weg gehen, weil der Verlust von 29 000 Opel-Arbeitsplätzen einfach ein zu großes Drohpotenzial birgt. Zusätzlich hängen zu viele Zulieferer und deren Beschäftigte vom Überleben des Autoherstellers ab. Sollte sich die Regierung verweigern, fiele es ihr sicher schwer, zu erklären, warum sie für Banken systematisch Milliarden locker macht, aber bei Industriekonzernen, die viel mehr Mitarbeiter beschäftigen, bei »kleineren« Milliarden-Summen zurückzuckt. Bevor Deutschland und im Gefolge mehrere europäische Staaten den Steuerzahlern ein Mal mehr ins Portemonnaie greifen, müssen die Politiker noch zusätzlich überprüfen, welche Folgen ein Engagement bei Opel für die Konkurrenz hätte. Im anderen Fall könnte bald ein weiterer Stau vor den Subventionstöpfen Peer Steinbrücks die Folge sein. Gerade weil Staatshilfe so kritisch ist, müssen vor einer Entscheidung erst weitere Geldquellen überprüft werden. Betriebsratschef Klaus Franz bot am Freitag an, dass die Mitarbeiter in ihr Unternehmen einzahlen und dafür Anteile erwerben könnten. Die Opel-Händler haben schon vor geraumer Zeit ein ähnliches Angebot unterbreitet. Schließlich gibt es noch Fonds und Privatinvestoren, für die Opel keine risikofreie, aber dennoch interessante Anlageoption sein könnte. Solarworld-Chef Frank Asbeck war nur der prominenteste Interessent. Die Rettung von Opel ist zu teuer, als dass man derlei Angebote einfach bei Seite lassen könnte.
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