Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Barack Obama
Bielefeld (ots)
Angela Merkel hat in dieser Woche der Gipfelstürme gepunktet, Barack Obama auf ganzer Breite gewonnen. Die Deutsche setzte im Kreis der G20 ihre seit Heiligendamm verlangten Finanzmarktregeln durch, der Amerikaner bestätigte auf seiner ersten Europareise die in ihn gesetzten Erwartungen weitgehend, was eine ganze Menge ist. Die Bundeskanzlerin etablierte sich endgültig als kluge Unterhändlerin und erfahrene Akteurin der Weltdiplomatie. Der junge US-Präsident steht für Visionen von einer Welt mit immer weniger Atomwaffen. Einwürfe, Atomsperrvertragsinitiativen seien stets ohne Erfolg geblieben, prallen ab am Enthusiasmus und der Entschlossenheit der neuen Kraft. Siehe da. Obama war tatsächlich nach Europa gekommen, um zuzuhören. Offener als George W. Bush das je getan hätte, sagte er, dies sei für ihn und seine Berater die erste Annäherung an die alte Welt. Seine Wahlreden 2008 in Berlin und London zählten nicht einmal zur Hälfte. Alte Wunden würden jetzt geheilt. Spätestens beim Nato-Rat in Straßburg ereilten den Präsidenten die Mühen der Ebene. Statt Geburtstagsfeier unwürdiges Gefeilsche der Türken um einen Dänen als Nato-Generalsekretär. Der Amerikaner musste erleben, was ein Konsensprinzip zugunsten von Zwergstaaten bewirkt und wie viel Disziplin multinationalen Seilschaften auf dem Weg zum Gipfelkreuz abverlangt wird. Auch Obamas höflicher Dank an die Nato-Neulinge Kroatien und Albanien für gerade 200 Soldaten unter insgesamt 55 000 in Afghanistan überraschte durch ungewohnte Einsicht ins Kleinklein. Vordergründig hatten die Europäer leichtes Spiel, die gefürchtete Anforderung von Truppen abzumildern. 5000 zusätzliche Kräfte wurden immerhin zugesagt. Insofern hat Obama eine Zahl, die er in Washington vorweisen kann. Deutschland ging allerdings nicht über längst eingeplante 600 Mann Verstärkung zur Absicherung der Wahlen hinaus. Berlin versprach außerdem zu tun, womit man ohnehin im Rückstand ist: die Ausbildung der Polizei zu erhöhen und den zivilen Wiederaufbau zu stärken. Letzteres fällt ins Ressort der SPD-Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul und dürfte die Engagementfrage aus dem Wahlkampf heraus halten. Brisanter werden könnte die bislang ungenannte Summe, mit der Deutschland sich am Aufbaufonds der afghanischen Streitkräfte beteiligt. Deren Waffen und Material entsprechen zu 100 Prozent denen der US-Armee. Kurzum: Obama erhält von Nato-Partnern, die keine Kampftruppen beisteuern mögen, eine Konjunkturspritze zugunsten der US-Rüstungsindustrie. Wieder daheim in den USA kann er auch auf die Annäherung der Militärallianz an Russland verweisen. Die Wiederaufnahme von Start-Verhandlungen sind ein starkes Abrüstungssignal. Die Provokation Nordkoreas von gestern widerlegt nicht Obama, sondern bestätigt seinen in Europa eingeschlagenen Friedenskurs.
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