Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur NPD und ihrem Bundespräsidenten-Kandidaten
Bielefeld (ots)
Kennen Sie Frank Rennicke? Er soll unser neuer Bundespräsident werden - wenn es nach der NPD und DVU geht. Weil es zum Glück nicht nach den rechtsextremistischen Parteien geht, könnte man über Rennicke den Mantel des Schweigens legen. Das sollte man aber nicht, denn die Auswahl des Kandidaten für das Bundespräsidentenamt entlarvt und diskreditiert ihre Urheber. Die Kür Rennickes ist eine weitere Provokation der Mini-Parteien am braunen Rand der Gesellschaft, es ist eine Missachtung, ja sogar eine Verhöhnung des höchsten Amtes im Staate. Der Bundespräsident soll ein weltoffenes, tolerantes, friedliches Deutschland verkörpern, ein Mann des ganzen Volkes sein. Und was ist Frank Rennicke? Ein nationalistischer Liedermacher mit Stücken wie »Diese Rasse ist klasse«, »Das Mädel mit der Fahne«, »Der Wehrwolf«, »Die Propagandalüge« oder »Hundert Mann und ein Befehl«. Seine CDs heißen »Der Väter Land«, »Kameraden: Ein Gedenken dem deutschen Soldaten und europäischen Freiwilligen« oder »Trotz alledem! Schinder Liste«. Der »nationale Barde« drücke die Gedanken deutscher Patrioten musikalisch aus, lobt die NPD, vor deren Mitgliedern Rennicke auftritt. Denen gefällt es, wenn er die Wehrmacht glorifiziert, die Oder-Neiße-Grenze eine »Schandgrenze« nennt und immer wieder die USA angreift. Wegen seiner Liedtexte musste er sich mehrfach vor Gericht verantworten. In Verfahren vor dem Amtsgericht Böblingen, dem Landgericht und Oberlandesgericht Stuttgart erhielt er wegen Volksverhetzung mehrmonatige Bewährungsstrafen, die das Bundesverfassungsgericht 2008 nach einer Verfassungsbeschwerde des Sängers allerdings wieder aufhob. Rennicke wandelt geschickt auf dem schmalen Grat zwischen noch erlaubt und verboten. Er gibt sich nicht offen aggressiv wie Skinhead-Bands. Man mag zu Recht über Peter Sodann, den Kandidaten der Linken für das Bundespräsidentenamt, den Kopf schütteln, weil er die Bundesrepublik Deutschland für keine richtige Demokratie hält. Aber beim Auserwählten der Rechtsaußen geht jedes Verständnis verloren. Deutschland braucht kein Staatsoberhaupt, das die Grenzen vor 1945 wiederherstellen will, in Deutschtümelei schwelgt und sich von den USA abkehrt. NPD und DVU stellen in der Bundesversammlung vier der 1224 Wahlleute. Die rechtsextremistischen Parteien sind dort vertreten, weil die NPD in die Landtage Mecklenburg-Vorpommerns und Sachsens und die DVU ins Brandenburger Parlament eingezogen sind. Ins Schloss Bellevue, den Amtssitz des Bundespräsidenten, wird ihr Kandidat Frank Rennicke nach dem 23. Mai nicht einziehen. Und die NPD, verstrickt in einen Finanzskandal wegen eines fehlerhaften Rechenschaftsberichts und vom Deutschen Fußballbund wegen Volksverhetzung und Beleidigung in einem Terminplaner zur WM 2006 vor Gericht gebracht, hat sich mit dem Personalvorschlag einmal mehr ins Abseits gestellt.
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