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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Erdrutsch in Nachterstedt.

Bielefeld (ots)

Von natürlichen Erdbeben bleibt Deutschland bis
auf wenige, glimpflich verlaufende Ausnahmen verschont. Dafür buddeln
sich die Deutschen ihre Löcher immer öfter selbst. Auch wenn die 
Ursache für die Tragödie in Nachterstedt nicht vollständig geklärt 
ist, deutet vieles darauf hin, dass es sich bei dem Erdrutsch um eine
Nachwirkung des Braunkohleabbaus handelt. Die Jagd nach Bodenschätzen
birgt Risiken während des Betriebs und danach. Beispiel Saarland im 
Februar 2008: Die Steinkohleförderung erzeugte ein Erdbeben der 
Stärke 4,0. Es beschädigte 250 Gebäude, in Teilen von Saarwellingen 
fiel der Strom aus.
Beim Abbau von Kohle, bei der Förderung von Öl und Gas sowie bei der 
Suche nach erneuerbaren Energieformen wie der Erdwärme erzeugen 
Ingenieure weltweit künstlich Erdstöße und -rutsche. Dabei geraten 
die Erdschichten unter Druck, und so wie in Nachterstedt können 
Menschen buchstäblich den Boden unter den Füßen verlieren. 
Wissenschaftler wie Christian Klose von der Columbia University in 
New York schätzen, dass der Mensch für 200 zum Teil tödliche Beben 
selbst die Verantwortung trägt.
Es bleibt nicht ohne Folgen, wenn jedes Jahr sechs Milliarden Tonnen 
Kohle, 1,6 Milliarden Tonnen Eisenerz und 190 Millionen Tonnen 
Aluminiumerz aus dem Bauch der Erde geholt werden. Im Dezember 1989 
starben nach einem Beben in einer Kohlemine im australischen 
Newcastle 13 Menschen, 165 wurden verletzt, hunderte Häuser stürzten 
ein. Solange Wind, Wasser und Sonne die Energieversorgung nicht 
decken können, sind wir auf den Abbau von Kohle und auf die Förderung
von Öl und Gas angewiesen und müssen mit diesen Risikofaktoren für 
Beben rechnen.
 Auch erneuerbare Energieformen wie Erdwärme erfordern Bohrungen, die
die Erdschichten destabilisieren. Um sie zu gewinnen, wird mit 
gewaltigem Druck Wasser bis zu fünf Kilometer tief in die Erde 
gepresst, um Fließwege zu erzeugen. Im Dezember 2006 wackelte bei 
Basel der Boden. Politiker und Energiekonzerne verschweigen oder 
verharmlosen die Risiken durch künstlich erzeugte Beben und 
Erdrutsche. Sie haben Angst vor dem so genannten »Nimb-Syndrom«.
 Nimb steht für »not im my backyard« (nicht in meinem Vorgarten). 
Egal ob Atommeiler, Kohlekraftwerk oder Geothermieanlage: Wenn damit 
Risiken für Gesundheit und Eigentum verbunden sind, wollen die Bürger
sie nicht vor ihrer Haustür haben. Nach dem Vorfall in Nachterstedt 
forderten die Stadt Düren und eine Bürgergemeinschaft gestern prompt 
den Planungsstopp für einen See, der ein Braunkohleloch schließen 
soll.
Aber sobald künstlich erzeugte Beben Menschenleben fordern, muss das 
Verharmlosen aufhören. Wir müssen mit diesen Nebenwirkungen der 
Energieversorgung leben, aber wir sollten besser über sie Bescheid 
wissen. Hier stehen Politiker, Energieversorger und Medien in der 
Pflicht.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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