Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum TV-Duell Merkel - Steinmeier
Bielefeld (ots)
Für die Fernsehsender ist es schon jetzt das TV-Ereignis des Jahres - ob es am Sonntag zur besten Tatortzeit jedoch so richtig spannend wird, darf bezweifelt werden. Kanzlerin gegen Kandidat - das ist kein Duell, das mit den legendären »Elefantenrunden« der siebziger und achtziger Jahre auch nur annähernd mithalten könnte. Damals flogen zwischen Strauß, Schmidt, Vogel, Kohl, Fischer und Genscher nur so die Fetzen. Da wurde gefoult, gebissen, gekratzt und gespuckt. Am Sonntag stehen sich zwei gegenüber, die vier Jahre lang in ein und der selben Mannschaft gespielt haben. Sie brüllen nicht wie Löwen, sie fassen sich mit Samthandschuhen an, sind wie Kuscheltiere. Dementsprechend wenig angriffslustig wird das »große TV-Duell« Merkel gegen Steinmeier vermutlich werden. 2005 war noch alles anders. Merkel gegen Schröder. Da flogen die Giftpfeile durchs TV-Studio hin und her. Am Ende gipfelte der Kampf ums Kanzleramt am Wahlabend mit dem unmöglichen Auftritt Gerhard Schröders, als er sich vor laufender Kamera lustig über die spätere Bundeskanzlerin machte. Wissenschaftler und Medienexperten sagen heute, dass das TV-Duell zwischen Schröder und Merkel die entscheidende Veranstaltung im Wahlkampf war. Knapp 21 Millionen Zuschauer haben sich die Show vor vier Jahren nicht entgehen lassen. Und auch diesmal rechnen die TV-Anstalten mit Rekordeinschaltquoten. Das ist erfreulich und zeigt, dass die Menschen alles andere als politikmüde sind. Hellwach müssen die Moderatoren sein. Die schwere Aufgabe von Maybrit Illner (ZDF), Frank Plasberg (ARD), Peter Kloeppel (RTL) und Peter Limbourg (Sat.1) ist es, die beiden Kandidaten aus der Reserve zu locken, damit das TV-Ereignis des Jahres nicht zum Langweiler des Jahres wird. Den haben die Fernsehzuschauer zum Teil schon hinter sich. Denn zumindest der Auftritt des Herausforderers in der Sendung »ARD-Wahlarena« am Dienstag war alles andere als ein Krimi. Steinmeier gelang es nicht, die Zuschauer mitzureißen. Er blieb blass, formulierte zu kompliziert und machte mit Schweißperlen auf der Stirn auch optisch nicht den besten Eindruck. Anders Angela Merkel: Sie holte zwar in der »ARD-Wahlarena« am Montag ebenfalls nicht die Säbel heraus. Aber ihr gelang es zumindest, den Zuschauern die politischen Zusammenhänge verständlich zu erklären. Hin und wieder blitzten sogar trotz aller Ernsthaftigkeit ein bisschen Witz und Ironie bei der Kanzlerin durch. Im Vergleich bekam die Amtsinhaberin deutlich mehr Applaus. In den Kritiken ging sie eindeutig als Siegerin hervor. Somit steht es vor Beginn des direkten Schlagabtauschs bereits 1:0 für Merkel. Ob Steinmeier es diesmal beim gemeinsamen TV-Duell von ARD, ZDF, RTL und Sat.1 vor etwa 20 Millionen Zuschauern besser macht oder Merkel patzt, werden wir sehen, doch ein Verlierer steht schon jetzt fest. Und der heißt Bart Simpson - zu sehen zeitgleich zum »Duell« bei Pro7.
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