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Westfalen-Blatt

Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema SPD:

Bielefeld (ots)

Der einstmals stolze Großsegler SPD ist ein
politisches Wrack. Vergangen sind jene Tage, als bei Bundestagswahlen
40 oder gar 45 Prozent die Segel blähten. Mit gerade noch 23 Prozent 
ist die Volkspartei auf Grund gelaufen.
Die SPD-Mannschaft reagiert, wie man es von ihr aus vorangegangenen 
Krisentagen kennt: Sie meutert. Steuermann Franz Müntefering muss 
abmustern, die treuen Fahrensleute Hubertus Heil und Peer Steinbrück 
werden über die Planke getrieben, und Kapitän Frank-Walter Steinmeier
steht unter Bewachung. Kurs links, so lautet die Parole, die am 
deutlichsten von den Berliner Genossen gefunkt wird. Hartz IV, Rente 
mit 67 - über Bord mit dem Ballast, der noch unter Vormann Gerhard 
Schröder Gewicht in der bürgerlichen Mitte sichern sollte.
Doch aus eigener Kraft kann die geschwächte SPD nicht mehr zu alter 
politischer Schlagkraft zurückfinden. In der Mitte nimmt ihr die 
sanft nach links gedriftete Union den Wind aus den Segeln. Auf der 
anderen Seite jagen ihr die Freibeuter der Linkspartei Stimmen ab.
Doch ohne eben diese Linken hat die SPD keine Machtoption mehr. Eine 
Annäherung also wird es geben - auch wenn der SPD-Kanzlerkandidat 
Steinmeier die Zusammenarbeit im Bund bis 2013 ausgeschlossen hat. 
Früher stellt sich die Frage einer rot-rot-grünen Koalition ohnehin 
nicht, denn das vorzeitige Scheitern der schwarz-gelben Regierung ist
nicht zu erwarten.
Wenn also im Bund nichts geht, muss der Kurswechsel in den Ländern 
vollzogen werden. Als erster könnte Matthias Platzeck in Brandenburg 
den Schwenk von Rot-Schwarz zu Rot-Rot einleiten. Und in 
Nordrhein-Westfalen? Wenn CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers 
überhaupt zu bezwingen ist, dann nur von einem rot-rot-grünen 
Dreierbündnis.
Der SPD stellt sich längst nicht mehr die Frage, ob ein Kurswechsel 
vollzogen werden soll. Es geht nur noch um das Wie - und unter 
welchen Opfern. Mit Steinmeier als Fraktionschef lässt sich die 
Wählerabwanderung ins bürgerliche Lager vielleicht verzögern. Nur auf
den ersten Blick verstörend wirkt die bevorstehende Kür Sigmar 
Gabriels zum neuen Parteichef. Sein Vorzug ist, dass er keinem Lager 
angehört. Ob mittelrot oder dunkelrot - er jede Flagge zeigen. Andrea
Nahles als Generalsekretärin und Klaus Wowereit als Parteivize werden
schon die gewünschten Signale setzen.
Wie der Sagenheld Odysseus hat die SPD nur die Wahl zwischen Skylla 
und Charybdis - dem alles verschlingenden Ungeheuer auf der einen und
dem Todesstrudel auf der anderen Seite. In Homers Epos dauert die 
Irrfahrt des Odysseus zehn Jahre, bevor er, vom Schicksal gebeutelt, 
seine Heimat Ithaka erreicht. Seine treuen Gefährten hat er verloren,
erst der allerletzte Kampf macht ihn zum Sieger.
Zehn Jahre: Das wären zweieinhalb Wahlperioden des Bundestags. 
Vielleicht hat der SPD-Kanzlerkandidat ja schon vor Ablauf dieser 
Frist eine neue Chance. Nur, dass er dann Klaus Wowereit oder Sigmar 
Gabriel heißen wird.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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