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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Iran

Bielefeld (ots)

Das Weiße Haus war über die Vorgänge in Persien
schon immer schlecht informiert und über die Verhältnisse in der 
Islamischen Republik rätselt man schon seit dreißig Jahren. Jetzt 
glaubt man, die »grüne Bewegung« unterstützen zu müssen, weil sie 
protestiert und furchtlos dem Regime trotzt.
Aber das tut sie seit Monaten und niemand kann absehen, wohin die 
Reise geht. Denn die »grüne Bewegung« hat kein Konzept und keine 
eigenen Köpfe. Die Oppositionsführer wollen nur den Cliquenwechsel, 
nicht den Wechsel des Regimes. Die Diktatur dagegen ist bereit, die 
Macht mit aller Gewalt zu verteidigen. Immerhin, es lassen sich Risse
im Regime ausmachen. Am tiefsten dürfte das Urteil des kürzlich 
verstorbenen Großayatollahs Montaseri den Block der Mullarchie 
spalten. Er galt als die höchste Autorität unter schiitischen 
Gelehrten. Montaseri hat dem Regime den Schleier der Legitimität 
weggerissen, indem er die brutale Gewaltanwendung gegen die Proteste 
und Demonstranten als unislamisch qualifizierte. Und nun sieht das 
Volk: Die Revolutionsführer sind nackt.
Gegen das Volk, vor allem gegen seine Jugend, ist keine Zukunft zu 
machen. Auch die Verhaftungswellen, die seit einigen Wochen über das 
Land rollen, können den Widerstand auf Dauer nicht brechen. Er hat 
die kritische Masse erreicht. Dreißig Jahre Diktatur haben vielleicht
zwei, drei Generationen gebrochen. Die Masse der heute Zwanzig- bis 
Dreißigjährigen aber, die im Internet täglich Freiheit und Wohlstand 
im »satanischen« Westen betrachten können, glauben nicht mehr an 
dieses Regime, das die Freiheit niedermacht, dessen Willkür 
offenkundig ist, deren Funktionäre sich nicht an die eigenen 
islamischen Gesetze halten. Aber das Regime verfügt noch über die 
Instrumente des Gewaltmonopols: Paramilitärische Einheiten und den 
Schlüssel zu den Kasernen mit ihren Waffenarsenalen.
Irans Machtstrukturen zeigen das gleiche Wesensmerkmal auf wie alle 
totalitären Regime des letzten Jahrhunderts: Eine Doppelhierarchie. 
Staatschef und Regierung sind Fassade. Die wirklichen Herren sind die
Chefs der Partei. In der iranischen Mullarchie ist es ähnlich. Es 
gibt die Regierung, den Präsidenten, das Parlament, die kommunalen 
Mandatsträger - alle vom Volk gewählt. Daneben existiert der 
religiöse Machtapparat mit dem Rahbar, dem geistlichen Führer, an der
Spitze. Die administrative Struktur soll Demokratie vorgaukeln, aber 
de facto handelt es sich um eine religiöse Diktatur im Gewand der 
Monarchie. Der Rahbar ist auf Lebenszeit bestimmt. Die Staatsmacht 
ist ihm untergeordnet und das ganz offiziell. Artikel 110 der 
Verfassung erlaubt dem Rahbar, sämtliche Entscheidungen und 
Handlungen des Staatsapparates, also auch Wahlen, zu »kontrollieren«.
Wir haben es mit einer schiitischen Junta und ihrem Diktator zu tun. 
Ohne Blutvergießen wird ein Regimewechsel da nicht zu machen sein. 
Schon gar nicht, wenn die Opposition weiter so ratlos protestiert.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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