Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Kommunalfinanzen
Bielefeld (ots)
Die Kommunen von Fehmarn, das von einem Jahrhundertwinter fast erstickt wird, bis zu den glücklichen Wintersportorten am Alpenrand leiden alle unter dem gleichen Problem. Die Kosten laufen ihnen schneller davon, als sie dagegen ansparen können. Rapide abstürzende Gewerbesteuereinnahmen sowie die von Berlin aufgebürdeten Kosten für Langzeitarbeitslose und Sozialfälle treiben die Bürgermeister aller Orten zur Verzweiflung. Allerdings, zur Wahrheit gehört auch: Nicht alle Kommunen haben in den fetten Jahren, die gerade mal 24 Monate zurückliegen, Vorsorge getroffen. Auch sind Personaletats mancherorts üppig wie eh und je. Wer, Weitsicht bewiesen und in guten Zeiten nicht das Maß verloren hat, darf jetzt nicht bestraft werden, nur weil einige besonders laut klagen können. Der Schulterschluss muss geschafft werden. Bund, Länder und Kommunen sollten sich ganz schnell verständigen. Oppositionsführer Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat am Freitag einen Vorschlag gemacht. Der Bund könnte drei Prozent der Unterkunftskosten für Harz-IV-Empfänger übernehmen. Ein solcher »kommunaler Rettungsschirm« ließe sich auf zwei Jahre begrenzen. Bis dahin müssten Wege gefunden werden, die Städte und Gemeinden frei machten von den starken Konjunkturausschlägen, die kein Kämmerer mit seinen bescheidenen Möglichkeiten verkraften könne. Eine Idee muss nicht deshalb schlecht sein, nur weil sie von der »falschen« Partei kommt. Und in Wahrheit sind sich die Beteiligten näher, als der vom Wahlkampf in NRW geprägte Schein vermittelt. Kämmerern ist das Kassenbuch immer noch näher als das Parteibuch, und genau dieser Linie sollten jetzt Bürgermeister, Finanzpolitiker und Minister folgen. Insofern ist es wenig hilfreich, wenn 19 besonders arme Großstädte aus dem Ruhrgebiet und dem Bergischen jetzt eine Extra-Wurst gebraten haben wollen. Wer dort immer noch den gar nicht goldenen Zeiten von Koks und Stahl nachtrauert, sollte erkennen, dass anderswo der Strukturwandel besser gemeistert wurde. Man muss auch mal rügen, dass Städte des Ruhrgebiets und des Bergischen Landes mit 10,4 Milliarden Euro ein Drittel der bundesweiten kommunalen Gesamtkredite in Anspruch nehmen. In Ostwestfalen-Lippe dagegen gab es weder beim Sterben der Textilindustrie in den 1980er Jahren noch zum Ende der traditionellen Möbelbuden in den 1990ern Strukturhilfen aus Düsseldorf oder Brüssel. Fazit: Die Spielregeln bei der Finanzausstattung der Städte und Gemeinden müssen geändert werden - nicht für Einzelne, sondern für alle. Außerdem: Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen. Diese Rechnung geht an Berlin. Und schließlich: Ein im Grundgesetz verankertes Anhörungsrecht der Kommunen beim Bund ist weiße Salbe. Dort ist längst bekannt, wie klamm die Kassen in den Rathäusern sind.
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