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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur »Oscar«-Verleihung:

Bielefeld (ots)

Wenn ein »Oscar« für die imposanteste Party
vergeben würde, ginge er ganz sicher an die Deutschen: für den 
Aufmarsch der Funktionäre in der »Villa Aurora«. Wo einst Lion 
Feuchtwanger im Exil lebte, traten sich - wortwörtlich - am Sonntag 
800 Gäste der Marketing-Firma German Films auf die Füße.
Es handelte sich um dasselbe Phänomen wie bei Sportwettkämpfen, wo 
die Zahl deutscher Medaillen zumeist recht übersichtlich bleibt, der 
Schwarm derer jedoch, die sich in den Strahlen des Edelmetalls sonnen
möchten, kosmische Dimensionen erreicht. In Los Angeles griff man 
beherzt zum belegten Schnittchen, denn die Marketing-Strategen hatten
13 deutsche »Oscars« errechnet. »Hollywood wird deutscher«, 
frohlockte der Generalkonsul Wolfgang Drautz und lud zur Siegerparty 
- vor der Verleihung der Preise, wohlgemerkt.
Es wurde dann genau ein »Oscar«, und der ging zu allem Überfluss an 
einen Österreicher. »Es kommt halt darauf an, wie man die 
Proportionen hin- und herschiebt«, sagte ein gewisser Christoph Waltz
über die nationale Mathematik.
Erinnern Sie sich noch an Hardy Krüger (fast 82), an Elke Sommer 
(fast 70) und an den »Alten« vom Boot, an Jürgen Prochnow (68)? Sie 
verließen Germany, um in Kalifornien ihr Glück zu machen, aber 
zermartern Sie sich nicht das Hirn - hier kommt Christoph Waltz, 
Deutschlands neuer Stern an Hollywoods Himmel. Deutschlands Stern? 
Nun, wir wollen großzügig sein - die Amerikaner sind es ja auch.
Amerika ist gegen den Irakkrieg. Das war nicht immer so, aber die 
steigende Zahl der Särge mit toten GIs ist ein Argument, das man 
nicht dauerhaft ignorieren kann. Kathryn Bigelows Film »Tödliches 
Kommando« zeigt den Tod am Tigris, und Amerika reagiert großzügig: 
Man schaut sich das Elend nicht an (das »Kommando« ist Kassengift), 
erklärt es aber zum besten Film der Welt.
Der »Avatar«, umgekehrt, ist ein schönes Pocahontas-Märchen für alle,
die wegen der Indianervernichtung im 19. Jahrhundert noch ein 
schlechtes Gewissen haben. Also trägt Amerika Milliarden von Dollars 
ins 3D-Märchenkino - und geht zu Recht davon aus, dass James Cameron 
auch ohne den Regie-»Oscar« glücklich wird.
Gegen den »Avatar« spricht schließlich auch die Technik, mit der das 
Epos prunkt. Schauspieler? Kommen vor, aber unter ferner liefen. 
Viele Computer und nur wenig Fleich und Blut. Da könnte sich 
Hollywood ja auch gleich selbst abschaffen. Also: kein »Oscar«.
Country-Musik wiederum, die Musik der weißen Siedler, besingt den 
Mythos vom Treck nach Westen. Also: ein »Oscar« für den 
Country-Sänger Jeff Bridges in »Crazy Heart«.
Die Kulisse, in der die Filmschaffenden um die goldene Statuette 
tanzen, ist blau-weiß-rot getüncht: in den Farben der USA. »Oscar« 
oder nicht »Oscar« - das ist keine Frage der Kunst, sondern bloß eine
nationale Frage. In Deutschland. In Amerika. Überall.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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