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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Afghanistan

Bielefeld (ots)

Schluss mit Schönreden. Der Tod von vier deutschen Soldaten in Afghanistan gestern zwischen Kundus und Kabul zeigt: Die Bundeswehr ist in der Defensive, der Terror hat das Sagen, es gibt keinen wirksamen Schutz für unsere Soldaten, sobald sie ihre Feldlager verlassen. Sieben Gefallene und ein Dutzend körperlich Verletzte seit dem schwarzen Karfreitag vor 14 Tagen lassen befürchten, die bislang schwerste und verlustreichste Einsatzphase ist noch nicht überstanden. Sie hat womöglich gerade erst begonnen. Der Volltreffer einer nach ersten Informationen ungelenkten Rakete vom Typ BM1 auf den gepanzerten, 8,6 Tonnen schweren Wunderjeep »Eagle IV« nannte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg »besonders tragisch«. Man kann es auch mehr Glück als Verstand nennen, dass keine der vermutlich mehr als 150 Raketen dieses Typs zuvor nennenswerte Schäden verursacht hatte. Denn seit Jahren werden BM1 auf das Feldlager Kundus abgefeuert. Längst verweigert das Einsatzführungskommando dazu Zahlenangaben. An sich sollte der hochgelobte »Eagle IV« die deutsche Debatte über Austrüstungsmängel beenden. Die gestern morgen bekanntgewordene Bestellung 60 zusätzlicher Exemplare wandelte sich noch am gleichen Tag von einer guten Nachricht zur tragischen Randnotiz. Die angekündigte Verlegung von zwei Haubitzen und mehreren Schützenpanzern »Marder« spricht eine klare militärische Sprache. Das wohl kaum noch PRT, nämlich »Wiederaufbauteam« zu nennende Projekt in Kundus geht nicht in die Offensive. Im Gegenteil: Es igelt sich ein. Der Blutzoll ist zu hoch. Der nächste entführte Tanklaster wird wohl im Umkreis von 40 Kilometern aus dem Lager heraus artilleristisch bekämpft - im Idealfall bevor Zivilisten zwecks Benzinklau auf dem Schlachtfeld erscheinen. Mehr geht nicht mehr. Mittelschwere Panzer wurden bislang von den Militärs abgelehnt, weil Reichweite und Haltbarkeit der Ketten im extrem feinen afghanischen Staub begrenzt sind. Die ganze Aktion gilt Experten als hilflos. Taliban, die aus Gruppen von Frauen und Kindern heraus operieren, werden dies auch mit der Panzerfaust tun. Eigentlich sollen die deutschen Soldaten bis zum Abzug von 2011 an genau das tun, was sie am Karfreitag in Char Darah und gestern als Ausbilder der afghanischen Armee in einer anderen Taliban-Hochburg südlich von Kundus unternahmen: Präsenz zeigen, offensiv werden, Widerstand brechen. Eigentlich... Auch wenn zu Guttenberg gestern stante pede wieder nach Afghanistan einreiste, wird er eines nicht verhindern können. Hierzulande werden die Rufe nach dem Rückzug (aus der Fläche) vor dem Abzug (aus dem Land) immer lauter. Das ist ist zwar militärisch unsinnig, aber ganz im Sinne der Unversehrtheit unserer Soldaten. Das ist keine Frage der Ehre, sondern der Vernunft.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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