Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Afrika
Bielefeld (ots)
In Afrika hungern Millionen Menschen. Gleichzeitig mausert sich der Kontinent zum interessanten Wirtschaftspartner. Viele Länder wollen vom Rohstoffvorkommen profitieren. Dieses Potenzial hat die Bundesregierung viel zu spät erkannt. Andere sind ihr meilenweit voraus. Bereits vor fünf Jahren hat China eine Offensive gestartet. Und die Volksrepublik setzt keineswegs auf Entwicklungshilfe, sondern nistet sich mit Exklusivverträgen in vielen afrikanischen Ländern ein. Damit schadet das kommunistische Regime dem afrikanischen Kontinent. Es schafft Abhängigkeiten. Außerdem kommt das Engagement nicht den Einheimischen zugute. Das durch den Rohstoffkauf in Länder wie Angola fließende Geld schafft fast keine Arbeitsplätze für Einheimische. Projekte werden vor Ort von chinesischen Arbeitern umgesetzt. Es ist ohnehin eine Illusion, dass die wirtschaftliche Entwicklung Afrika zwangsläufig von Hungersnot und Elend befreit. Da kann Außenminister Guido Westerwelle (FDP) noch so oft die Verzahnung von Wirtschaftsförderung und Entwicklungsarbeit betonen. Fakt ist, dass diejenigen, die Vorteile aus dem Wirtschaftswachstum ziehen, nicht daran interessiert sind, dass die Bevölkerung des Kontinents genesen kann. Die Nutznießer sind Ölclans, die sich im Netz aus Korruption eingerichtet haben - und China. US-Außenministerin Hillary Clinton hat Recht, wenn sie davor warnt, »in ein Land einzudringen, Rohstoffe rauszuschaffen, die Führung auszuzahlen und zu gehen«. Eine Politik des Aussaugens und des Kolonialismus lässt die Afrikaner im Nichts zurück. Generell ist es allerdings richtig, Afrika als Wirtschaftspartner zu achten. In Zeiten drohender Rohstoffknappheit wäre es fahrlässig, Fakten zu ignorieren. Indien, Brasilien und Israel haben ihre Kontakte schon vor Jahren intensiviert. Während die Türkei bereits 2005 eine Handelsoffensive startete, präsentierte die Bundesrepublik erst im Juni ein Afrika-Konzept. Mit dem Abgang des ausgewiesenen Afrika-Kenners Horst Köhler als Bundespräsident ist der Blick für die Chancen des Kontinents verloren gegangen. Nachfolger Christian Wulff ließ sich nur zur Fußball-Weltmeisterschaft blicken. Die Stippvisite von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Angola, Kenia und Nigeria wird nicht ausreichen, um die Afrikaner vom Wirtschaftspartner Deutschland zu überzeugen. Die ökonomische Kraft zu nutzen, ist das eine. Deutschland muss aber gleichzeitig den mühseligen und oft aussichtslos erscheinenden Kampf für Demokratie in Afrika vorantreiben. Das ist langfristig der einzige Weg, das Elend der Menschen zu beenden. Daher ist es gut, dass Merkel bei ihrem Besuch nicht nur die Korruption, sondern auch die dramatische Situation vieler Bürger missbilligt. Die Bundesrepublik braucht den Spagat zwischen wirtschaftlicher Vernetzung und humanitärer Unterstützung. Alles andere wäre ein moralischer Offenbarungseid.
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