Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Somalia
Bielefeld (ots)
Es klingt nicht nur zynisch, es ist auch so irrational wie vieles in Schwarzafrika: Die schwere Hungersnot in Somalia hilft den Somalis. 20 Jahre staatenlos und von der Welt übergangen, von islamistischen Milizen gequält und zuletzt pauschal zu Piraten gestempelt, finden die Somalis endlich die Aufmerksamkeit, die jedem Menschen in Not gebührt. Die Gelegenheit zur Stabilisierung ist günstig. Truppen der Afrikanischen Union haben die Milizen vertrieben. Deren Weigerung, Hilfe ins Land zu lassen, hat die Islamisten selbst im arabischem Raum diskreditiert. Außerdem: Mogadischu ist für Nothelfer wieder erreichbar. Zunächst aber geht es nach Einschätzung der Vereinten Nationen um das gesamte Horn von Afrika, Schauplatz der schlimmsten humanitäre Katastrophe der Gegenwart. Erstmals seit der äthiopischen Tragödie vor mehr als einem Vierteljahrhundert haben die UN wieder eine Hungersnot höchster Kategorie ausgerufen. Zwölf Millionen Menschen zwischen Eritrea und Uganda, Dschibouti und Kenia sind von Dürre, Überbevölkerung, exorbitanten Nahrungsmittelpreisen und Chaos betroffen. Eine halbe Million Kinder könnten in diesen Wochen auf der Strecke bleiben - oft im wahrsten Sinne des Wortes. Denn: Auf den Wegen zu den Flüchtlingslagern finden Todesmärsche mit ungezählten stillen Hunger- und Durstdramen statt. Die Katastrophe war absehbar, dennoch fand im vergleichsweise besser organisierten Kenia kaum Vorsorge statt. Schlimmer noch: Das Parlament in Nairobi befragt Minister, warum aus Millionenzahlungen für Mais und Hirse nie gefüllte Lagerhäuser geworden sind. Kenia könnte sich selbst helfen, wenn Straßen und Handelsbeziehungen nicht vor dem Zusammenbruch stünden. Die Deutschen haben angesichts des Elends Unschuldiger schon 100 Millionen Euro gespendet. In keinem Land der Welt greifen die Bürger derzeit tiefer ins private Portemonnaie - eine gewaltige Summe, die Dank und Respekt verdient. Es ist uns eben nicht egal, was fern von Deutschland passiert. Widerlegt sind damit die Behauptungen des irischen Musikers Bob Geldof, die Deutschen seien knauserig und würden zu wenig Geld für die Hungernden geben. Mehr noch: Die Bundesregierung hat die staatliche Hilfe auf 150 Millionen Euro aufgestockt. Wichtig ist, dass möglichst viel von dem Geld langfristig zur Ernährungsicherung genutzt werden kann. Der Schlüssel liegt in Somalia. Frieden und Stabilität sind dort möglich - allerdings nur mit militärischen und politischen Mitteln. Neben der Soforthilfe muss es gelingen, die internationale Hilfe so einzusetzen, dass die Menschen wieder in ihre Dörfer zurückkehren und den im Herbst erwarteten Regen für einen Neuanfang nutzen. Fazit: Neben Geld und Regen braucht es wiederum Gewalt, um die radikalen Islamisten auf Dauer fernzuhalten und eine neue Ordnung zu erzwingen.
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