Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur US-Asienpolitik
Bielefeld (ots)
US-Präsident Barack Obama hat die Vereinigten Staaten zur »Pazifik-Macht« erklärt, und Außenministerin Hillary Clinton spricht sogar von »Amerikas pazifischem Jahrhundert.« Verständlich, dass die Amerikaner von der rasanten wirtschaftlichen Entwicklung Asiens profitieren wollen - durch Investitionen, Handel und Technologietransfer. Diese Strategie soll die US-Wirtschaft beleben und Arbeitsplätze schaffen. Das klingt überzeugend und vernünftig. Fragwürdig ist jedoch, ob mehr Handel auch mehr Soldaten erfordern. Denn solange die USA eine »Pazifik-Macht« bleiben, ist die Rivalität mit China unvermeidlich. Amerika unterhält bereits Basen in Japan, Korea, Neuseeland, Pakistan und Afghanistan; mehrere Flugzeugträger patrouillieren die Region, und die USA haben fünf asiatischen Ländern Sicherheitsgarantien gegeben. Kein Wunder, dass China sich umzingelt fühlt und protestiert, wenn Obama jetzt eine neue Militärbasis in Australien etabliert. Ebenso fraglich ist, ob die USA ein »pazifisches Jahrhundert« finanzieren können. Das Land ist hoch verschuldet, leistet sich einen 700 Milliarden Dollar teuren Verteidigungshaushalt und leidet unter »imperialer Überdehnung« - ein gefährlicher Zustand, wenn ein Weltreich seine globale Präsenz nicht mehr bezahlen kann. Doch Obama denkt nicht an Rückzug, stattdessen will er mehr Militärflugzeuge und Marineinfanteristen in die Region schicken. Und am liebsten hätte er Militärabkommen auch mit Indien, Indonesien, Malaysia, der Mongolei und sogar Vietnam. Dies ist eine riskante, teure und fragwürdige Politik, die man auch überheblich und stur nennen könnte. Die Obama-Regierung betont, ihr militärisches Engagement sei nicht gegen China gerichtet: Washington wünsche sich ein enges Verhältnis zum Reich der Mitte. Doch wie sollen die Chinesen dies glauben, wenn sich die USA gleichzeitig im chinesischen Hinterhof festsetzen und Bündnisse mit Chinas Nachbarn abschließen? China strebt zwar nicht nach der Weltherrschaft, doch es beansprucht die chinesische Vorherrschaft in Asien. die USA stören dabei. Beide Großmächte befinden sich somit auf Kollisionskurs. Obama hätte eine andere Option: Er könnte die Länder, die am meisten vom US-Sicherheitsschirm profitieren, zur militärischen Selbständigkeit ermutigen. Die USA können diese Länder nicht ewig schützen: Der Preis dafür ist zu hoch, die Zeit dafür läuft ab. Japan, Südkorea oder Indien müssen mehr tun, um einer etwaigen chinesischen Herausforderung begegnen zu können. Was bedeutet dies für Europa? Unabhängig vom verstärkten Asienhandel bleiben die USA der wichtigste Außenhandelspartner der EU. Militärisch könnte sich jedoch einiges ändern: Noch unterhalten die USA 56 000 Soldaten in Deutschland. Das muss nicht so bleiben. Sollten sich die Amerikaner zurückziehen, dürfte Europa stark genug sein, sich auf die eigene Sicherheits- und Verteidigungspolitik verlassen zu können.
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