Westfalen-Blatt: Schmallenberg-Virus: Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit muss neuen Schnelltest entwickeln. Bisherige Nachweis-Methode bei missgebildeten Kälbern ist zu ungenau.
Bielefeld (ots)
Die Ausbreitung des für Rinder, Schafe und Ziegen gefährlichen Schmallenberg-Virus ist weitaus größer als bislang angenommen. Nach Angaben des NRW-Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) gibt es eine erhebliche Dunkelziffer, da längst nicht alle Landwirte das Auftreten des Virus in ihrem Bestand melden würden. Das berichtet das Bielefelder Westfalen-Blatt (Freitags-Ausgabe). Zudem gibt es keinen geeigneten Schnelltest, der bei Kälbern das Virus auch 100-prozentig nachweist, sagte Elke Reinking, Sprecher des Bundesforschungsinstituts für Tiergesundheit (Friedrich-Loeffler-Institut), der Zeitung. Da die Trächtigkeit bei Rindern neun Monate betrage - bei Schafen sind es sechs - könne sich kein aktives Virus mehr im Blut oder im Gewebe eines zur Welt gekommenen missgebildeten Kalbes befinden. Man habe Kälber mit typischen Missbildungen nach einer Infektion untersucht, aber keinen Erreger entdeckt. Nötig sei daher ein neuer Antikörper-Test. Würden Antikörper im Blut gefunden, habe sich das Tier mit dem Virus auseinandergesetzt und sei eindeutig infiziert. Dieser neue Schnelltest für die Untersuchungsämter vor Ort werde derzeit entwickelt. Man hoffe in den nächsten Wochen auf seine Freigabe, sagte Reinking dem Westfalen-Blatt. Derzeit grassiert das Virus bundesweit schon in 1048 Betrieben. Betroffen sind 184 Rinder-, 820 Schaf- und 44 Ziegenhaltungen. NRW ist mit 352 Höfen am stärksten betroffen. Es folgen Niedersachsen (198), Hessen (134) und Schleswig-Holstein (118). Auch aus den Niederlanden, Belgien, Großbritannien, Frankreich, Italien, Luxemburg und Spanien werden Virus-Fälle gemeldet. Man müsse davon ausgehen, dass die Zahl der vom Schmallenberg-Virus betroffenen Höfe tatsächlich aber wesentlich höher sei, als offiziell bekannt, sagte ein Lanuv-Sprecher dem Westfalen-Blatt. Die Landwirte würden genau abwägen, ob sie das Auftreten des Erregers melden sollten oder nicht, da sie daraus keinen unmittelbaren Vorteil hätten. Werde bekannt, dass das Virus in dem Tierbestand aufgetreten sei, könne das für den Landwirt einen Vermarktungsnachteil bedeuten, sagte Lanuv-Sprecher Peter Schütz der Zeitung. Derzeit gebe es keine exakten Angaben, wie viele Tausende Lämmer, Kälber oder Ziegen in diesem Jahr schon mit verkrümmten Gliedmaßen, verbogenen Rücken, deformierten Köpfen oder tot geboren wurden. Bisher gezählt würden nur die Betriebe, aber nicht die einzelnen Tiere, heißt es in dem Zeitungsbericht. Ferner gebe es für die Bauern keine gesetzliche Anzeigepflicht. Eine Anzeigepflicht werde auch nicht angestrebt, weil dann erhebliche Handelsbeschränkungen für den Tierverkehr entstehen würden, sagte Tierärztin Dr. Birgit Jahn vom Lanuv. Da für den Menschen von dem Erreger keine Gefahr ausgehe, sei eine Meldepflicht völlig ausreichend. Diese Meldepflicht soll von April an bundesweit gelten. Kranke Tiere melden müssten aber nur Tierärzte und Laboratorien. Der Bauer selbst könne missgebildete Tiere ohne Untersuchung zu Tierkörperbeseitigungsanlagen bringen. Hier gebe es keine weiteren Kontrollen. Um die Ausbreitung der neuen Tierkrankheit genau verfolgen zu können, appellieren das Lanuv und das Friedrich-Loeffler-Institut daher an alle betroffenen Bauern, einen Virusverdacht unverzüglich zu melden, schreibt die Zeitung.
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