Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Debette um Sterbehilfe
Bielefeld (ots)
Ein »Sterbehappening mit Premiumpaket« verspricht der Unternehmer Sebastian von Werding in dem ZDF-Film »Komm, schöner Tod«. Er spielt im Jahr 2030, kommerzielle Sterbehilfe ist dann erlaubt, und Von Werdings Instititut Exsolvo wirbt gegen stattliche Vorkasse mit einer Party am Lebensende. Der Todkranke wird liebkost, Schauspieler mimen Angehörige und Freunde, die Lieblingsmusik erklingt - bis eine Spritze das irdische Dasein jäh beendet. Geschäfte mit dem Tod will Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) nicht zulassen. Nach dem Gesetzentwurf aus ihrem Haus soll gewerbliche Sterbehilfe mit bis zu drei Jahren Haft oder einer Geldstrafe geahndet werden. Auch wenn nach einer Emnid-Umfrage 49 Prozent der Deutschen das anders sehen und für die Zulassung von kommerzieller Sterbehilfe sind, hat Leutheusser-Schnarrenberger recht. Sterben darf nicht zur Ware verkommen und nicht Menschen überlassen werden, die auf Profit aus sind. Das Ende des Lebens liegt in Gottes Hand, er gibt und nimmt das Leben, sagen Christen. Aber selbst die, die nicht religiös sind, muss der Gedanke schaudern lassen, dass der Tod zum »Sterbehappening« kommerzialisiert wird. Dass fast die Hälfte der Deutschen dafür ist, gewerbliche Sterbehilfe zu erlauben, bedeutet nicht, dass sie dieses Angebot gut finden. Vielen erscheint die Möglichkeit des schnellen Todes gegen Bezahlung aber weniger schlimm als die Aussicht auf ein qualvolles Ende allein im Krankenhausbett. Unter Schmerzen dem Tod entgegenzudämmern - das fürchtet jeder ältere Mensch. Die Angst nehmen kann ihm niemand, aber die Politik könnte die Rahmenbedingungen für die Sterbebegleitung verbessern, indem sie zum Beispiel die Schmerzmedizin fördert und den Ausbau von Hospizplätzen unterstützt. Die Tatsache, dass so viele Deutsche laut Emnid für gewerbliche Sterbehilfe votieren, hat noch einen anderen Grund. In einer dem Jugend- und Machbarkeitswahn verfallenen Gesellschaft sind das Alter zum Schreckgespenst und der Tod zum Tabu geworden. Hilfe von außen bei der »Entsorgung« dieses Problems mag da attraktiv wirken. Wie tabuisiert Sterben heute ist, zeigte auch die Vorgeschichte des ZDF-Films »Komm, schöner Tod« am 5. April. Wohl aus Angst, die Zuschauer zu belasten, legte der Sender den Film auf den späteren Abend... So gut es ist, dass der Gesetzentwurf Geschäftemacherei mit dem Tod einen Riegel vorzuschieben versucht, so hat er doch gleichzeitig einen Schwachpunkt. Ausdrücklich bestimmte Berufsgruppen wie Ärzte und Pfleger als mögliche legale Sterbehelfer zu nennen, ist völlig überflüssig, weil es sie unnötig zusätzlich unter Druck setzt und falsche Erwartungen weckt. Wie die, dass der Sohn einfach nur zum Arzt zu gehen braucht und der »erlöst« dann seinen Vater.
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