Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Politik von Ursula von der Leyen
Bielefeld (ots)
Ist Ursula von der Leyen nur übermütig oder schon übergeschnappt? Die CDU-Bundesarbeitsministerin entpuppt sich mehr und mehr als Regierungsschreck. Erst die Zuschussrente, dann die Vermögensabgabe: Was die FDP empört, sorgt auch in der Union für heftiges Kopfschütteln. Gewiss spricht von der Leyen wichtige gesellschaftliche Probleme an. Doch wird man den Verdacht nicht los, dass es ihr vor allem um machtpolitisches Kalkül geht. Da die FDP in allen Umfragen unter und an der Fünf-Prozent-Grenze herumdümpelt und so als Mehrheitsbeschaffer ausfiele, Rot-Grün aber zu schwach bleibt, deutet vieles auf eine Große Koalition nach der Wahl 2013 hin. Also gibt von der Leyen schon einmal die heilige Ursula der CDUSPD. Dabei könnte die stets ebenso freundliche wie penetrante Ministerin die Rechnung jedoch ohne den Wähler gemacht haben. Schon 2009 brachte die Aussicht auf eine Große Koalition viele Unionswähler dazu, für die FDP zu stimmen. Die Liberalen fuhren ein Rekordergebnis ein. Soweit wird es 2013 nicht kommen, aber warum eigentlich sollte eine mit - sagen wir einmal - 6 Prozent knapp wieder in den Bundestag gewählte FDP und einem - sagen wir einmal - neuen Vorsitzenden Christian Lindner nicht das Lager wechseln und mit Rot-Grün eine Ampelkoalition bilden können? Angela Merkel hat ihre Partei nicht ohne Grund vor verfrühten Rechenspielen gewarnt. Eine vor Selbstbewusstsein strotzende Ursula von der Leyen aber ficht das nicht. Respekt vor dem Koalitionspartner FDP? Nicht mehr nötig. Respekt vor der Kanzlerin? Allenfalls vordergründig nötig. Von der Leyen fühlt sich ihrer Position sehr sicher. Nicht ganz zu Unrecht: Nachdem die Kanzlerin in Norbert Röttgen erst im Frühjahr einen Hoffnungsträger geschasst hat, wird sie kaum eine weitere prominente und populäre Ministerin verlieren wollen. Wie aber wär's dann wenigstens mit Respekt vor dem Wähler? Anders gesagt: Anstelle permanent zu provozieren, sollte es von der Leyen besser mal mit Regieren versuchen. Schließlich ist noch ein Viertel der Legislaturperiode zu absolvieren. Beispielsweise könnte sich die Arbeitsministerin daran machen, die allseits bekannten Schwächen der Riester-Rente zu beseitigen, damit gerade diejenigen, die es nötig haben, privat vorzusorgen, es auch tun und davon auch profitieren. Bisher nutzen die meisten Verträge mehr den Versicherern als den Versicherten. Und anstelle von einer Vermögensabgabe zu fabulieren, täte Ursula von der Leyen gut daran, ihren Beitrag zu leisten, dass der Staat mit den ihm anvertrauten Steuergeldern so umgeht, dass alle Teile der Bevölkerung angemessen an der Wohlstandsentwicklung partizipieren. Dazu jedoch braucht es angesichts kräftig sprudelnder Steuereinnahmen gewiss nicht mehr Geld, sondern mehr Sparsamkeit. Das wäre eine Umverteilungspolitik, die einer unionsgeführten Bundesregierung gut zu Gesicht stände - und der Frau Ministerin auch.
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