Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Altersversorgung
Bielefeld (ots)
Frage: Was sagt ein Statistiker, der mit den Füßen im Backofen und mit dem Kopf im Kühlschrank steckt? Antwort: Im Durchschnitt geht's mir gut. Zugegeben, dieser Kalauer ist nicht ganz neu, doch er trifft auf den aktuellen Alterssicherungsbericht der Bundesregierung zu. 2433 Euro hat ein Durchschnitts-Rentnerpaar monatlich laut Umfrage zur Verfügung. Wenn zugleich im Schnitt 1043 Euro monatlich je Seniorenpaar an Einkünften aus Vermietung angeführt werden, dann regt sich der gesunde Menschenverstand: Diese Statistik muss einen Pferdefuß haben. Doch selbst Statistik-Zweifler müssen anerkennen, dass es der Generation Gold so gut geht wie nie zuvor. Jeder Zweite im Rentenalter profitiert heute von privater oder beruflicher Vorsorge, ein erklecklicher Anteil hat der Umfrage zufolge Anlagevermögen. Jeder zweite westdeutsche Senior verfügt über eine eigene Wohnung oder über ein eigenes Haus. Wohlstand im Alter hängt längst nicht allein von der Höhe der staatlichen Rente ab. Dieser Umstand wird in der aktuellen Rentendebatte gerne übersehen. Denn die bestehenden Vermögen werden im Regelfall an die künftigen Generationen weitervererbt. Die Rentner von morgen fangen also längst nicht bei null an. Dazu tragen auch die im internationalen Vergleich niedrigen Erbschaftssteuersätze in Deutschland bei. Das Problem der Altersarmut soll dabei keineswegs ausgeblendet werden. Schon heute sind es vor allem alleinstehende Frauen, die sich mit Mini-Renten bescheiden müssen. Unzweifelhaft gehört es auch zu den Ungerechtigkeiten des Rentensystems, dass älteren Frauen die volle Anrechnung der Kindererziehungszeiten bislang verwehrt wird. Wenn der Arbeitnehmerflügel der CDU diese Gerechtigkeitslücke schließen will, kann er sich lautstarken Beifalls sicher sein. Die Gretchenfrage aber wird vom Applaus leicht übertönt: Wer soll das alles bezahlen? Jede Extraleistung, die der Rentenkasse von der Politik aufgebürdet wird, belastet die Beitragszahler, deren Zahl in Zukunft abnimmt. Weitere staatliche Zuschüsse vergrößern nur das Chaos auf dem finanziellen Verschiebebahnhof, auf dem selbst der Stellwerksleiter den Überblick verloren hat. Die von Rot-Grün beschlossene Senkung des staatlich garantierten Rentenniveaus bleibt angesichts des demographischen Wandels richtig. Wenn zugleich das private Vermögen weiter wächst, muss der Wohlstand aller Generationen dennoch nicht sinken. Es ist ein Gebot des gesellschaftlichen Anstands, auch denjenigen Menschen ein würdiges Auskommen im Rentenalter zu garantieren, die nicht zu den Wohlstandsgewinnern zählen. In erster Linie muss das durch faire Bezahlung und soziale Absicherung während des Arbeitslebens geschehen. Notfalls bleiben nur die staatlichen Alimente. Das aber ist Sache der Sozialpolitik - und nicht der Rentenkasse.
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