Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan
Bielefeld (ots)
Afghanistan und kein Ende? Mehr als zehn Jahre sind deutsche Truppen am Hindukusch stationiert, und noch immer sind 5350 Bundeswehrsoldaten im Einsatz. Doch diesmal zeichnet sich ein Ende ab: Der Bundestag hat die Höchstgrenze für einzusetzende Soldaten auf 4900 Männer und Frauen ab Februar 2013 herabgesetzt; der Abzug der Bundeswehr ist für 2014 geplant. Endlich kommt der Rückzug aus Afghanistan in greifbare Nähe. Blickt man zurück, so war die Afghanistan-Mission sinnvoll. Der 11. September 2001 hatte die gefährlichen Machenschaften der fundamentalistischen Taliban ans Licht gebracht: Afghanistan war zum Sammelplatz für radikale Islamisten geworden, die mit der Terrororganisation El-Kaida zusammenarbeiteten und den Westen bedrohten. Es galt, diese Bedrohung auszuschalten. Doch eine US-geführte Anti-Terror-Allianz konnte die Taliban nicht vernichtend schlagen, und Afghanistan rutschte in einen Bürgerkrieg, der bis heute andauert. Die Isaf-Schutztruppe, eine Sicherheits- und Aufbaumission unter Führung der Nato, schloss sich dem Kampf gegen die Taliban an. Derzeit sind 130 000 Soldaten aus 50 Ländern an der Isaf beteiligt. Doch Afghanistan sei von dauerhaftem Frieden weit entfernt, heißt es im neuen »Fortschrittsbericht« der Bundesregierung. Sieger und Verlierer ließen sich nicht unterscheiden. Zieht man eine Bilanz und erwägt zukünftige Optionen, so ergeben sich drei Szenarien: 1. eine massive Truppenaufstockung, 2. der sofortige Abzug und 3. ein Abzug auf Raten. Eine massive Truppenaufstockung würde die Taliban erneut in ihre Höhlen treiben. Die bisherige Erfahrung zeigt, dass sie in zwei oder fünf Jahren dort voraussichtlich nicht dezimiert werden. Dann droht der Bundeswehr der Endloseinsatz am Hindukusch, und das kann niemand wollen. Der sofortige Abzug wäre leichtsinnig und unratsam. Die islamistischen Milizionäre würden sofort die Macht an sich reißen und Afghanistan destabilisieren. Die Taliban sind weder besiegt noch aufgelöst; sie warten nur darauf, nach dem Abzug das Land mit ihrer Steinzeit-Pseudo-Religion zu terrorisieren und den »Dschihad« fortzusetzen. Ein sofortiger Abzug würde vieles zerstören, was in Afghanistan erreicht wurde. Bleibt der Rückzug auf Raten. Diese Option bietet den Vorteil, das Beste für Afghanistan herauszuholen und den längsten Auslandseinsatz der Bundeswehr endlich zu beenden. Zwar gibt es Risiken: Afghanistan kann nur sicher und erfolgreich sein, wenn die eigenen Streitkräfte und Sicherheitsorgane funktionieren. Doch die internationale Gemeinschaft will das Land nicht im Stich lassen. So haben die Amerikaner jüngst durchblicken lassen, dass sie 10 000 Soldaten bis auf weiteres zurücklassen wollen. Und auch die Bundesregierung wird ihre Zivil- und Aufbauhilfe nicht einstellen. Das ist eine gute Nachricht für uns - und für unsere afghanischen Freunde.
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