Westfalen-Blatt: das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema "Sicheres Stadionerlebnis":
Bielefeld (ots)
Überrascht werden die meisten deutschen Fußball-Fans nicht sein. Trotz ihrer Proteste ist das umstrittene Papier »Sicheres Stadionerlebnis« gestern in allen 16 Punkten mit großer Mehrheit verabschiedet worden. Der Druck der Innenminister war auch groß genug, die Vereine hatten Angst um ihr Geld. Schließlich wurde mehrfach angedroht, die Klubs müssten die Polizeieinsätze bei Fußballspielen künftig selbst bezahlen. Hier tat sich Uwe Schünemann (CDU) besonders hervor. Der Landtagswahlkampf in Niedersachsen lässt grüßen. Die Anhänger könnten sagen: Wir wurden vorher nicht groß gefragt, warum sollte die Deutsche Fußball-Liga (DFL) am Ende auf unsere Bedenken hören? Die Quittung wird kommen. Am Wochenende können sich alle wohl noch einmal auf Schweigen in den Stadien einstellen. Diesen lautlosen und gewaltfreien Protest hatte es in den vergangenen Wochen mehrfach gegeben. Bleibt die Hoffnung, dass es bei gewaltfreien Protesten bleibt. Denn, darüber gibt es keine zwei Meinungen: Gewalt hat beim Fußball nichts zu suchen. Und wenn man auf die nackten Zahlen schaut, gibt es in Deutschlands Profiligen nur wenig Gewalt. Die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) dokumentierte in der Vorsaison 1142 verletzte Personen rund um die Spiele der 1. und 2. Liga. Das sind bei insgesamt 18,7 Millionen Stadionbesuchern in den 612 Spielen etwa 0,006 Prozent. Natürlich ist jeder Verletzte einer zu viel, verglichen mit anderen Großveranstaltungen ist die Zahl aber verschwindend gering. Die Gewalt im Fußball passiert hauptsächlich außerhalb der Stadien. Das macht es natürlich nicht besser. Viele Punkte des neuen Konzeptes sind auch schon längst umgesetzt, andere stehen außerhalb jeder Diskussion. Wie zum Beispiel die Verbesserung der Ordnungsdienste. Da dient ausgerechnet Borussia Dortmund als abschreckendes Beispiel. Beim Deutschen Meister sollen einige Ordner erstens der rechten Szene angehören und zweitens für diverse Körperverletzungen bei Spielen verantwortlich sein. Sorgen machen den Fans besonders zwei Punkte: Zum einen soll dem Heimverein erlaubt sein, die Karten für Gästefans zu reduzieren, wenn es sich um ein Risikospiel handelt. Der gastgebende Verein kann aber selbst entscheiden, welches Spiel ein besonderes Risiko birgt. Zum anderen befürchten die Fans, sich bei den schärferen Einlasskontrollen komplett entkleiden zu müssen. Das wird mit dem Verweis auf die Menschenwürde abgelehnt. Die Anhänger könnten dem aber entgegenwirken: mit dem Verzicht auf Pyrotechnik. Dass sich die Vereine »nicht von den Fans entfernt« hätten, wie Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge gestern betonte, muss jetzt bewiesen werden. Ebenso wie die Aussage von DFL-Präsident Reinhard Rauball, die Beschlüsse richteten sich nicht gegen die Fans. Viele Anhänger sehen das anders.
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