Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Ernährung
Bielefeld (ots)
Ist der Teller nun halbvoll oder halbleer? Viele Deutsche ernähren sich gesünder. Dennoch bleiben Übergewicht und die damit verbundenen Krankheitsbilder ein Riesenproblem. Der am Freitag vorgestellte Ernährungsbericht bietet viele Zahlen, fast ebenso viele Deutungen, aber vor allem eine zentrale Aussage: Das Thema Ernährung war noch nie so fest im Bewusstsein der Menschen verankert wie heute. In dem Land, in dem vielfach mehr darüber diskutiert wird, mit welchem Kraftstoff man sein Auto betankt als darüber, womit man seinen eigenen Stoffwechsel in Gang hält, scheint sich langsam aber stetig ein Wandel zu vollziehen. Gerade wenn es um Lebensmittel geht - und nirgends in Westeuropa sind sie so günstig wie in Deutschland -, steht nicht mehr allein der Preis im Vordergrund. Eine »Geiz ist geil«-Mentalität an der Supermarktkasse ist bei einem immer größeren Teil der Bevölkerung einem bewussteren Umgang mit dem täglichen Brot und allem, was dazugehört, gewichen. Auch Discounter haben das erkannt und ihr Angebot entsprechend umgestellt. Stichwort Bioware. Ein Übriges hat die Nahrungsmittelindustrie dazu beigetragen - im negativen Sinne. Denn die Lebensmittelskandale der vergangenen Jahre haben viele Verbraucher zum Umdenken bewegt. Dennoch können die Konzerne auch Erfolge für sich verbuchen. Durch ihre Lobbyarbeit haben sie beispielsweise die EU-weite Einführung der Nährwert-Ampel verhindert, wie sie in Großbritannien erprobt wird. Rot, grün, gelb: Anhand der Ampelfarben sollten die Käufer mit einem Blick auf die Verpackung Informationen zu Fett-, Zucker- und Salzanteilen erhalten. Daraus wurde nichts. Auch die Verbraucher tragen Verantwortung: Neben einem möglichst moderaten Preis fordern sie Frische und stetige Verfügbarkeit der Waren. Genau das können nur industrielle Produktionsprozesse garantieren mit den bekannten Folgen wie Massentierhaltung, Antibiotika-, Pestizid- und Konservierungsstoffeinsatz. Die Hersteller setzen dabei auch auf die Bequemlichkeit der Kunden. Schließlich ist es einfacher, eine Tiefkühlpizza in den Ofen zu schieben als sich selbst an den Herd zu stellen. Das vermeintliche Ideal vom ethisch und biologisch korrekt produzierten Lebensmittel in regionaler Vermarktung wird auch deshalb vorerst ein Nischendasein fristen. Weder quantitativ noch preislich sind diese Waren bislang für einen Massenmarkt geeignet. Der jetzt vorgelegte Ernährungsbericht zeigt, dass sich jüngere Menschen offenbar gesünder ernähren als viele ältere, Frauen besser als Männer. Zum sozialen Gefälle sagt die Studie leider nichts. Dabei ist bereits seit Jahren bekannt, dass ungesunde Ernährung und Armut zusammenhängen. Hier gilt es anzusetzen. Das Thema Ernährung gehört in den Schulunterricht.
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