Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Konklave
Bielefeld (ots)
Kein Bischof älter als 75, kein Papstwahlrecht für Kardinäle über 80 und kein Papstamt jenseits der 85. Zwei Reformschritte hat Papst Paul VI. (1897 - 1978) eingeführt, das Schlussdatum setzte Benedikt XVI. - zunächst nur für sich, aber mit Signalwirkung für alle künftigen Päpste. Reformen dauern in der zweitausendjährigen katholischen Weltkirche etwas länger. Vergleichsweise atemberaubend ist dagegen, was in diesen Tagen des Prä-Konklave, der Zeit der Vorgespräche zur Papstwahl, geschieht. Niemand kennt die Person, die künftig Verantwortung für 1,2 Milliarden Katholiken in der Welt übernimmt. Welches Profil der neue Papst haben sollte, das wird klar beim Blick auf die Spekulationen in der Übergangszeit bis sich die Türen zur Sixtinischen Kapelle schließen. Wer Benedikts Schwächen benennt, formuliert Anforderungen an den künftigen Hirten auf dem Stuhl Petri: Er sollte Manager, Problemlöser und Politiker sein. Exzellenz als Theologe reicht nicht mehr, um Herausforderungen wie dem widerwärtigen Missbrauch und Geldwäschevorwürfen gegen die Vatikanbank zu bewältigen. Der Neue muss den - seit Jahrhunderten üblichen - Intrigen des Apparats trotzen und neue Formen des Verrats wegstecken. Dafür steht »Vatileaks«, ein Wort, das sich beim besten Willen nicht ins Lateinische übersetzen lässt. Der Neue muss stets damit leben, dass ein gewisser »Bruder Joseph« auch noch da ist. Selbst wenn dieser als stilles Mönchlein in den vatikanischen Gärten verborgen vor der Welt leben will, jedes Raunen aus seiner Umgebung wird wie das Veto eines Nebenpapstes wirken. Vor allem, der Neue muss wegen Benedikts freiwilligen Amtsverzichts stets beweisen, dass er im Vollbesitz körperlicher und geistiger Kräfte ist. Anderenfalls drohen Rücktrittsforderungen. Berlins Kardinal Rainer Maria Woelki hat Recht, wenn er darauf hinweist, dass das Papstamt entmystifiziert ist. Der Reformdruck steigt in einem bislang nicht gekannten Maß. Wer auf 117 Papstwähler im Konklave und 61 Europäer unter ihnen schaut, weiß, dass die weitaus größere Zahl von Katholiken auf anderen Erdteilen wiederum nicht angemessenen berücksichtigt wird. Allerdings: Die 28 Italiener im Konklave sind heillos zerstritten. Es wird ihnen kaum gelingen, ihre Klage über 35 Jahre »Fremdherrschaft« eines Polen und eines Deutschen zur Argumentationslinie auszubauen. Radikale Reformen - nach vatikanischen Maßstäben - sind nicht ausgeschlossen. Das heißt aber nicht freie Bahn für Frauenpriestertum, echte Ökumene, neue Sexuallehre und Öffnung der Liturgie zu Erweckungsereignissen wie bei den ungemein erfolgreichen Freikirchen in Afrika und allen Amerikas. Für eine echte Überraschung fehlt es einfach an Kandidaten im Konklave. Immerhin: wählbar ist jeder männliche gläubige Katholik.
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