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Westfalen-Blatt: DasWESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum PFT-Prozess

Bielefeld (ots)

Die Richterin hat gestern in Paderborn im sogenannten PFT-Prozess formaljuristisch sicherlich eine korrekte Entscheidung getroffen und ein Mammutverfahren nach 15 Monaten und 57 Verhandlungstagen gegen Geldauflagen eingestellt. Wer aber Gerechtigkeit erwartet, erlebte gestern am Landgericht einen schwarzen Donnerstag. Immer wieder schrecken neue Nachrichten über Lebensmittelskandale auf. Der PFT-Prozess von Paderborn reiht sich unrühmlich ein. Es geht in diesem Verfahren um eines der höchsten Güter: Trinkwasser. Brunnenvergifter mussten in anderen Zeiten sogar mit der Todesstrafe rechnen. Die Industriechemikalie PFT, die offenbar von landwirtschaftlichen Flächen in die Ruhr und ihre Nebenflüsse sowie in die Möhne gelangten, hat vor sieben Jahren höchste Alarmstufen in manchen Wasserwerken ausgelöst. Schwangere und Mütter von Säuglingen sollten sich mit Bezugsscheinen im Supermarkt mit Wasser versorgen. Der Paderborner Prozess hat nicht zutage gebracht, wer für die verseuchten Böden und Gewässerverunreinigungen verantwortlich ist und damit Verantwortung trägt. Während des Prozesses, der im Januar 2012 begann, mussten sich auch Aufsichtsbehörden und Trinkwasserlieferer wie der Ruhrverband Fragen nach Kontrollmechanismen gefallen lassen, was denn da so alles auf heimische Äcker und Felder ausgebracht wird. Gutes Trinkwasser ist kostbar und wahrlich Lebenselixier. Nicht nur in Ostwestfalen-Lippe wehren sich Bürger und Initiativen derzeit vehement gegen das so genannte Fracking: Sie sorgen sich um die Trinkwassergüte, wenn zur Gasförderung Chemiebrühe in den Bodenuntergrund gepresst wird. Wer aber ahnt schon, was an Bodendüngung zur Ertragssteigerung unseren Böden und damit dem Grundwasser zugemutet wird? Bis auf die 17 Verteidiger und die Angeklagten, die schon am Dienstag zwischen 15 000 und 250 000 Euro (insgesamt 440 000 Euro) an die Gerichtskasse in Paderborn überwiesen hatten, verließen gestern wohl alle Prozessbeteiligten und -beobachter das Landgericht mit mulmigen Gefühlen. Eine Umweltschweinerei bleibt ungesühnt. Der aufwändige Prozess, der allein 133 000 Euro Dolmetscherkosten und 228 000 Euro für die Pflichtverteidiger kostete, fällt der Landeskasse zur Last. Eine Fortsetzung des Verfahrens mit wohl aussichtslosem Bemühen um Gerechtigkeit hätte nach Einschätzung der Richterin sogar die Menschenwürde verletzt. Die viel zitierten Mühlen der Gerichte arbeiten oft langsam. In Paderborn sind sie gestern gar ins Stocken geraten. Verloren haben am Ende der Steuerzahler und jene Grund- und Bodenbesitzer, die auf den Sanierungskosten der verseuchten Böden in Millionenhöhe sitzenbleiben. Das sind im Übrigen oft auch Kreise und Kommunen - und damit schon wieder der Steuerzahler.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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