Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Uli Hoeneß
Bielefeld (ots)
Wenn Ulrich Hoeneß explodiert, und er tut es oft, hinterlässt er verbrannten Rasen. Davon wissen selbst Bayern-Fans ein Lied zu singen. »Für die Scheißstimmung seid ihr doch zuständig und nicht wir«, polterte er vor fünf Jahren auf der Mitgliederversammlung des großen FC. »Was glaubt ihr eigentlich, was wir das ganze Jahr machen, um euch für sieben Euro ins Stadion zu lassen. Euch finanzieren doch die Leute in der Loge.« Hoeneß durfte das. Denn alle, Freund und Feind, waren sich sicher: Der Uli hat das Herz am rechten Fleck. Dass er die Kleinen beschimpfte, war eher die Ausnahme. Viel häufiger wetterte er gegen den Fifa-Präsidenten Sepp Blatter, weil dieser die Korruption im Fußball förderte statt sie auszurotten. In den vergangenen Jahren hat der Saubermann den Kampf gegen Korruption und Steuerhinterziehung auch im politisch-gesellschaftlichen Bereich geführt - so etwa im Herbst bei Günther Jauch. Das Podest, auf dem Hoeneß zuletzt stand, war so hoch, dass sogar der Fußballkaiser neidisch werden konnte. Natürlich, er verdiente gutes Geld. Aber dafür rieb er sich auf, kämpfte und litt mit seinem Club. Sein Vermögen investierte er in eine Würstlfabrik - also in heimische Arbeitsplätze. Und der Uli half, wenn Not am Mann oder Finanzen knapp waren - sogar beim fußballerischen Gegenstück zu den Münchner Bayern, beim FC St. Pauli. Noch führt die Staatsanwaltschaft erst Ermittlungen. Doch wie sie auch ausgehen: Der Aufprall aus der Höhe ist in jedem Fall superhart. Hoeneß weiß es, hat auf das Deutsch-Schweizerische Steuerabkommen gehofft. Es hätte ihm ermöglicht, die Schuld, verzinst mit jährlich sechs Prozent, zu begleichen, ohne dass sein Name bekannt geworden wäre. Doch auch wenn es Hoeneß noch so schmerzt: Es ist gut, dass große Steuervergehen immer seltener anonym bleiben. Wenn es stimmt, dass der Bayern-Manager mehrere hundert Millionen Euro in der Schweiz geparkt hat, dann muss er nun auch Fragen nach der Herkunft dieser enormen Summe beantworten. Über eines darf sich Hoeneß nicht beklagen: Dass die Öffentlichkeit zu früh den Stab über ihn bricht. Immerhin ermittelt die Staatsanwaltschaft seit mehreren Monaten. Sogar Bayerns Ministerpräsident wusste Bescheid. Doch alle hielten still. Soviel Rücksicht ist dem früheren Postmanager Klaus Zumwinkel nicht zuteil geworden. Die Zeit, die jetzt beginnt, wird für Hoeneß härter als die Nacht von Belgrad. Damals, 1976, verschoss er als Nationalspieler mit dem Elfmeter gegen die Tschechen die Europameisterschaft. Doch auch wenn es einem menschlich um »den Uli«, der sich selbst angezeigt hat, leid tut: Steuerhinterziehung ist kriminell. Sie muss bestraft werden - unabhängig vom Ansehen der Person.
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