Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur CDU-Familienpolitik
Bielefeld (ots)
Ein Ergebnis der Volkszählung ist in der breiten Berichterstattung bisher unerwähnt geblieben. Die Zahl der Wähler, die älter als 50 Jahre sind, liegt bei 50,5 Prozent. Das heißt, die Themen Rente und Gesundheit werden, sobald die Parteien das registriert haben, im Wahlkampf eine noch bedeutendere Rolle spielen. Vermutlich dürfte das einer der Gründe sein, warum die Union das Thema Familie und Kinder sowie Renten weit oben auf die Agenda setzt. Das umso mehr, als auch jüngere Wähler sich wegen der Alterung der Gesellschaft schon jetzt um ihre Altersvorsorge Gedanken machen. Was die Kritik aus den eigenen Reihen der Union an den Wahlversprechen angeht, so ist zu vermuten, dass diese Zusagen erst in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode umgesetzt werden - wenn überhaupt und die Union weiter regiert. In der ersten Hälfte wird es bei der Konsolidierung des Haushalts bleiben. Damit läuft auch die Kritik aus der Opposition ins Leere. Von einem »Betrug« zu sprechen, wie SPD-Chef Sigmar Gabriel das tut, ist verfrüht. Ein Betrug kann erst mit Fakten behauptet werden, sonst muss man sich den Vorwurf gefallen lassen, selber die Wähler mit unbewiesenen Behauptungen zu betrügen. Aber das gehört wohl zur Empörungsrethorik eines Wahlkämpfers. Alles gut also für die CDU? Nicht ganz. Es bleibt die Frage der Glaubwürdigkeit. Hier kann man nur sagen: An den Früchten werdet ihr sie erkennen. Das von der CSU durchgedrückte Betreuungsgeld ist eine. Ansonsten sieht man im Korb nur Saures. Vor allem die Zeiten der Großen Koalition stoßen den Familien bitter auf. Die damaligen Minister Peer Steinbrück und Ursula von der Leyen hatten den Familien das Kindergeld gekürzt. Die Wohnungsbauförderung wurde gestrichen, obwohl das für viele Familien auch eine Form der privaten Altersvorsorge war. Und mit weiteren Maßnahmen wurde der Rahmen von Familien so eng gezogen, dass viele Väter und Mütter gezwungen waren, zu arbeiten, um über die Runden zu kommen. Und das war gewollt. Die Wirtschaft braucht Fachkräfte, am besten gut ausgebildete junge Mütter. Sie sind billiger als Männer und wegen der Kinder weniger mobil - sie wechseln seltener den Job. Die einzige Maßnahme, die sowohl die Rahmenbedingungen für Familien als auch die Glaubwürdigkeit der Parteien und ihrer Programme verbessern würde, wäre die Einführung eines Familienwahlrechts: One man one vote. Die Eltern stimmen für ihre Kinder mit ab. Das Prinzip ist verfassungskonform, eine Reform des Wahlrechts kostet nichts. Streiten kann man über Details. Aber solch eine Reform würde die Lage für den gesamten Politikbetrieb ändern. Alle Parteien und ihre kinderarmen Chefs würden zum Schwur pro oder contra Familie gezwungen. Das käme einem Offenbarungseid gleich. Die demographische Waagschale aber würde wieder etwas stärker ins Lot gebracht.
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