Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Flutkatastrophe in Deutschland
Bielefeld (ots)
Ob Erdbeben, Wirbelstürme oder Hochwasser - gegen Naturkatastrophen kann sich die Menschheit nur bedingt schützen. Die Erkenntnis ist nicht neu. Die aktuellen Flutwellen mit ihren zerstörerischen Hinterlassenschaften im Süden, Osten und auch Norden Deutschlands unterstreichen das Wissen darum aber nachdrücklich. Unbestreitbar ist, dass ein Großteil der Ursachen gerade beim Hochwasser hausgemacht ist. Begradigungen von Flussläufen, fehlende Überflutungsräume, Bebauung von gefährdeten Gebieten sind mit technischen Hilfsmitteln nicht auszugleichen. Irgendwann weichen Dämme auf, sind die errichteten Spundwände, Stein- oder Betonmauern zu niedrig. Und irgendwann sind halt auch die angelegten Polder für gezielte Flutungen vollgelaufen. Auf der anderen Seite aber zeigt sich, dass aus der Flutkatastrophe 2002 durchaus eine Menge Lehren gezogen worden sind. So ist die Kommunikation besser geworden und die Helfer werden gezielter eingesetzt. Zudem organisieren sich Gruppen über soziale Netzwerke im Internet, um zu helfen. Das ist neu. Auch haben eine Reihe von Städten und Gemeinden ihren Hochwasserschutz verbessert. Doch sind längst nicht alle Maßnahmen abgeschlossen. Das rächt sich jetzt. Dort, wo die Planungen zügig in die Tat umgesetzt wurden, hat das Hochwasser erkennbar weniger Schaden angerichtet als vor elf Jahren. Zur Folge haben die unterschiedlichen Zeitpläne für die Schutzmaßnahmen allerdings, dass das Katastrophenszenario örtlich verschoben wird. Die Auswirkungen der Fluten sind dort höher, wo man mit Sanierung und Anlagenbau im Verzug ist. Hier muss in Zukunft schneller reagiert und gehandelt werden. Die nächste Flut kommt ganz sicher. Das wissen auch die Politiker, die angesichts der dramatischen Bilder und Eindrücke schnell und vollmundig finanzielle Hilfen versprochen haben. Das war auch im August 2002 so, als der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in Gummistiefeln durchs Hochwasser stapfte, beruhigte, aufmunterte und Unterstützung zusagte. Auftritte, die ihm und der rot-grünen Koalition vermutlich dazu verhalfen, bei der Bundestagswahl wenige Wochen später doch noch einen Erfolg zu verbuchen. Auch wenn der zeitliche Abstand zur Wahl 2013 weitaus größer ist, einen kleinen Effekt werden auch Angela Merkel und die schwarz-gelbe Koalition im September mitnehmen, wenn denn die Hilfe wirklich unbürokratisch kommt. Der Bundeskanzlerin aber Kalkül vorzuwerfen, weil sie sich unverzüglich auf den Weg in die Überschwemmungsgebiete gemacht hat, ist billig. Wie laut wären wohl die Entrüstungsschreie gewesen, hätte sie von Berlin aus die Lage kommentiert. Das Zusammentreffen mit Betroffenen ist einfach unverzichtbar. Und anders als Gehard Schröder hat sich Angela Merkel keine Gummistiefel aufzwingen lassen, um mit Wassertreten Pluspunkte zu sammeln.
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