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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Ausbau der Windkraft

Bielefeld (ots)

Die Energiewende lässt sich nicht am Reißbrett planen. Das ist durch die ausufernde Ökostromumlage einmal mehr klar und für viele auch finanziell spürbar geworden. Dieses Negativbeispiel zeigt in aller Deutlichkeit, welche Probleme die Energiewende mit sich bringt, werden Fehlentwicklungen nicht rechtzeitig erkannt. Der Bereich der erneuerbaren Energien hat sich von einer idealistisch geprägten Sparte längst zu einer wirtschaftlichen Branche gewandelt, in der es um Interessen, Geld und damit Existenzen geht. So entwickelt sich auch der Ausbau der Windenergie als wesentliche Säule der Energiewende zu einer Glaubensfrage: Windräder an Land oder auf hoher See. Jeder Anlass wird von interessierter Seite gerne genutzt, um Forderungen auf- oder Vorzüge herauszustellen. Dieser Automatismus greift auch jetzt wieder. Da wird versucht, die Nachricht über den hinter den 2002 formulierten Regierungsplanungen weit herhinkenden Ausbau der Windkraft auf hoher See zu einer Schreckensmeldung hochzustilisieren. Der Reflex der Interessenvertreter lässt nicht auf sich warten. Der Chef der Stiftung Offshore-Windenergie beklagt wegen der Diskussion um die Strompreisbremse eine Verunsicherung der Branche und potentieller Investoren. Zur Beruhigung, so sein Vorschlag, solle die Anfangsvergütung von 19 Cent je Kilowattstunde über 2017 hinaus verlängert werden. Ein forscher Vorstoß beim Blick auf die drastisch zusammengestrichene Förderung von Photovoltaikanlagen, für die es nur noch rund 15 Cent pro Kilowattstunde gibt. Bei genauer Betrachtung ist der schleppende Ausbau der Hochsee-Windparks kein Drama. Im Gegenteil: es könnte sich als Vorteil erweisen, dass noch nicht allzu viele Fakten in Form von Fundamenten, Stahltürmen und Rotoren vor deutschen Küsten geschaffen wurden. Denn bei der Energiewende gilt es, das zeigen die leidvollen Erfahrungen, stetig nachzusteuern. Eine Agora-Studie zum optimierten Ausbau der Erneuerbaren und des Leitungsnetzes kommt - im Gegensatz zum erst vor Jahresfrist entwickelten Leitszenario des Netzentwicklungsplanes - zum Ergebnis, dass deutlich mehr Windkraft an Land statt auf hoher See wirtschaftlich sinnvoll und faktisch machbar ist. Das soll 2023 eine Einsparung zwei Milliarden Euro bringen, 2033 bis zu vier Milliarden - pro Jahr. Windkraft an Land gilt neben Wasserkraft als günstigste erneuerbare Stromquelle. Sie kann eine größere Rolle spielen, aber nicht die Windparks vor der Küste überflüssig machen. Zwar gibt es eine ausreichende Zahl lukrativer Standorte im Binnenland. Doch ein Fakt ist die fehlende Akzeptanz immer höherer Windräder vor der Haustür. Und weil der Wind auf See beständiger bläst, sind die dortigen Anlagen wichtiger Bestandteil zur Sicherung des Grundbedarfs an Strom. Die Energiewende ist kein statisches Modell. Ssie gleicht einer Langzeit-Operation am offenen Herzen, bei der ganz viel Fingerspitzengefühl gefragt ist.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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