Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Hamburgs Nein zu Olympia
Bielefeld (ots)
Braucht Hamburg Olympia? Nein. Braucht Deutschland Olympia? Nein. Braucht Deutschland Spitzensport? Nein. Brauchen wir nicht - genauso wenig wie Kunst und Kultur. Aber ohne all dies ist Deutschland ärmer. Gewaltig ärmer.
Nach dem Referendum in Hamburg wird kein heute in Deutschland Lebender Olympische Spiele in einer deutschen Stadt live erleben können. Und wer sagt, das sei egal, der hat den olympischen Geist noch nie gespürt.
Sicherlich hat, verallgemeinernd ausgedrückt, der Sport ein gerüttelt Maß an Mitschuld an der ablehnenden Haltung vieler Menschen in Deutschland gegenüber den Flaggschiffen der Sportveranstaltungen. Einige Stichworte: Korruption und mangelnde Transparenz bei Fifa und IOC, Doping und Gigantismus, explodierende Kosten.
Dass jetzt ausgerechnet die Hamburger Bewerber einen Schuss vor den Bewerbungsbug bekommen, ist bitter. Ihr Konzept hatte Lehren aus den vorhergehenden deutschen Versuchen gezogen, Olympia an Land zu ziehen. Referendum, Nachhaltigkeit, Umweltfreundlichkeit und Kosteneffizienz bestimmten die Planungen.
Spannend wird es jetzt zu beobachten sein, ob außer Beileidsbekundungen noch etwas aus der Politik kommt. Von jener gesellschaftlichen Gruppe also, die das Gängelband so verkürzt hat, dass den Athleten kaum noch Luft zum Atmen bleibt - und zum Medaillengewinnen.
Die Diskrepanz zwischen öffentlichem Anspruch und Realitäten wird weiter auseinanderklaffen. Immer mehr junge, ambitionierte Sportler werden sich angesichts der Unvereinbarkeit von Ausbildung, Hochleistungssport und Finanzierung des Ganzen gegen »höher, schneller, weiter« entscheiden. Entscheiden müssen. Oder wie Robert Harting es einmal ausdrückte: »Erst nach 40 Stunden Training in der Woche kann ich mich ums Geldverdienen kümmern.«
Olympia 2024 hätte den Athleten einen gewaltigen Motivationsschub gegeben. Die Zahl der Erfolge deutscher Sportler auf internationaler Ebene wird sicher nicht zunehmen. Möge sich darüber bitte keiner mehr beschweren - und wenn, dann bei den Wutbürgern und Verzagten aus Hamburg.
In den nächsten Jahren wird der schon jetzt herrschenden Monokultur des Fußballs Vorschub geleistet. Das ist fast zum Lachen, wenn man daran denkt, dass 2024 wahrscheinlich in Deutschland eine Fußballeuropameisterschaft ausgetragen wird. Der Bewerber ist der Deutsche Fußballbund. Jener Verband also, der gerade erst anfängt, sein schmutzigstes Kapitel aufzuarbeiten. So viel Dreck am Stecken haben all die anderen deutschen Sportverbände nicht zusammen. Aber Fußball geht irgendwie immer. Egal, was es den Steuerzahler kostet.
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